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Müller, Walther
Die Theseusmetopen vom Theseion zu Athen in ihrem Verhältnis zur Vasenmalerei — Göttingen, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.901#0046
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benutzt, sondern folgen in der Komposition einmütig dem damals
herrschenden, natürlichen Schema, das auf solche Kämpfe Anwen-
dung fand.

V. Periphetes.

Am wenigsten scheint der Kampf zwischen Theseus und dem
Keulenschwinger Periphetes Gefallen gefunden zu haben. Denn nur
drei Vasenbilder behandeln diesen Stoif, deren eines auch noch Zweifel
an seiner Bedeutung lässt:

1. Minotaur no. 31. Schwarzfig.

2. Minotaur no. 75. Rotfig.

3. Marath. Stier no 8. Rotfig.

Heydemanns Deutung von 1 auf Periphetes entbehrt jeglicher
Sicherheit. Es ist ein Jüngling in Chiton und Wehrgehänge darge-
stellt, der mit der Linken einen fliehenden bärtigen Mann packt, um
ihm das Schwert, das er in der Rechten zückt,'in den Leib zu bohren.
Er setzt dabei seinen linken Fuss in die rechte Kniekehle des Gegners,
der, sich umblickend, in der Linken einen Stein zur Gegenwehr
hebt. Eine Theseusthat werden wir allerdings vermuten müssen. Das hat
auch nichts Widersprechendes. Auch Prokrustes trat einmal in der
schwarzfigurigen Malerei auf. Wenn von einem bärtigen Manne die
Rede ist, so kann an Minotauros nicht gedacht werden, wie Gurlitt will.
Ob aber Periphetes oder Sinis gemeint ist, der auch zuweilen durch
das Schwert den Tod leidet, kann schlechterdings nicht entschieden
werden. So viel lässt sich aber sagen: Die Scene ahmt den Minotauros-
kampf, wie er gewöhnlich in den Vasenbildern erscheint, nach. Darauf
deutet die Stellung, der Stein, die rohe Fussbewegung des Theseus. Sollte
hier vielleicht Asterion zu sehen sein, der doch, wie ihn Troezen kannte,
auch dem Bewusstsein des attischen Volkes nicht fremd gewesen sein
wird?*) (cf. Paus. II, 31,1.) EineMetope hat auf jene Vase keinen Ein-
fluss geübt, am allerwenigsten das Periphetesrelief. Denn hier liegt
der Räuber am Boden, beide Hände zur Bitte und Abwehr empor-
streckend. Aber schon holt Theseus mitleidlos mit der Lanze, die er
mit beiden Händen umklammert, zum Todesstosse aus. Nur so kann
die Haltung der Hände gedeutet werden. Von der Linken ist ein
Ansatz an der Brust erhalten; ein Stück des gebogenen Handgelenkes
lässt darüber keinen Zweifel. Der Rest des rechten Armes zeigt klar,
dass dieser ziemlich gesenkt war. Folglich muss der Unterarm er-

*) Diese, sowie viele andere Andeutungen verdanke ich der gütigen Mit-
teilung des Herrn Prof. Wieseler.
 
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