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Müller, Walther
Die Theseusmetopen vom Theseion zu Athen in ihrem Verhältnis zur Vasenmalerei — Göttingen, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.901#0047
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— 47 —

hoben gedacht werden, so dass die Hand den Lanzenschaft umklam-
merte. Denn sie sollte dem Stoss die Energie verleihen, während die
Linke nur die Aufgabe hatte, die Waffe zu richten. Ein Fragment
der rechten Hand hat sich in der That an dem betreffenden Orte er-
halten. Das wohl konservierte Antlitz des Periphetes hat noch einen
Anflug von archaischem Typus und erinnert stark an die Atlasmetope
von Olympia und die bärtigen Aigineten. Das Haar war, wie die
Lanze des Gregners, durch Bemalung ausgedrückt. Die Situation ist
wohl so gedacht, dass Theseus dem Gegner vorher die Keule entrissen,
ihn dann zu Boden geschleudert oder so schwer verwundet hat, dass
er niedergesunken ist, und nun im Begriff steht, ihn „wie ein wildes
Tier abzuthun". In dem Vasenbilde (2), in welchem wir nach Ana-
logie der Prokrustesthat eine Nachahmung erwarten konnten, findet
zwar dieselbe Gegenüberstellung der Kämpfer statt; sonst aber ist nur
die Stellung des Prokrustes aus der entsprechenden Metope auf Peri-
phetes übertragen. Wie jener, hockt er auf der linken Ferse, lehnt
sich gegen einen Baum, an welchem Petasos und Gewand hangen, und
streckt in seiner Angst beide Hände dem Theseus entgegen, der in
rasender Eile heranstürmt, eine leichte Keule über dem Haupte
schwingend und die Linke vorstreckend, um den Gegner zu packen.
Also auch dieses Bild schliesst sich so gut, wie gar nicht an die Me-
tope an. Von 3 liegt mir leider keine Beschreibung vor. Was der
Grund gewesen ist, diese That in der Malerei fast geradezu zu igno-
rieren, entzieht sich unserem Urteil. Vielleicht bot diese Sage und
ihre spätere plastische Illustration am Theseion des Interessanten und
Charakteristischen nicht genug. Die Keule war nichts Neues: jedes
Heraklesbild wies sie auf. Ein Lanzenkampf kam in jedem Schlacht-
bild vor, er war zu alltäglich. Wo aber wildbärtige Männer auf ganz
absonderliche Art umgebracht wurden, wo Theseus mit rohen Bestien
oder fabelhaften Wesen Körper an Körper rang, da wurde die Phan-
tasie zu realer Nachbildung gereizt. Der Mangel an künstlerischer
Durchbildung der Metope konnte die späteren Maler nicht abgehalten
haben. Denn, wenn auch der Kaum nicht eben vorteilhaft ausgefüllt
war, so gehört doch die Gruppe zu den lebensvollsten des Kreises und
kann sich, namentlich in der schönen Anordnung der Glieder des
Periphetes, der nächsten Metope gleichwertig an die Seite stellen.

VI. Kerkyon.

Ein Bild von ausserordentlicher Lebendigkeit bietet die zweite
Metope der Nordseite, welche den Bingkampf zwischen Theseus und
 
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