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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 34.1874

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Aurel Robert
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I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.43125#0007
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Bergan von Biel, wo heute noch Thor und Ringmauer stehen und zeitweilig ein geschäftiges
Treiben die kommenden und gehenden Posten umschwärmt, führt der Weg nach dem Ried. Es ist ein
prächtiger Pfad zwischen Villen und Weinbergen, denn überall schweift frei und ungehemmt der Blick
in die Ferne hinaus. Zur Linken sieht man den scharfen Zug des Weissenstein, dort unter sich die
Ebene von mässigen Höhen begrenzt, dahinter blinkt fern und silbern das Hochgebirge herüber. Noch
weiter hinauf, und die Landschaft wird eine andere: statt der Weinberge sind es Matten und ein dunkles
Waldgebirge, welches die Fernsicht verdeckt — das Ziel ist erreicht. Zwischen den Bäumen schaut ein
Haus hervor, oder vielmehr eine Folge von Gebäuden, denn Haus und Hof, offene Galerien von Holz
und ernste Mauern von spärlichen Fenstern regellos durchbrochen, sind in wunderlich malerischem
Durcheinander verbaut. Hier war Robert’s Heimath seitdem er die Welt durchwandert, die Menschen
kennen gelernt und Glück und Prüfungen in seltenem Wechsel erfahren hatte. Ein ungebrochener Muth,
tiefe Religiosität und ein unentwegtes Streben vereint mit rührender Bescheidenheit haben ihn bis an’s
Ende geleitet. Noch heute waltet sein Geist in der heimlichen Einsamkeit, die von Natur und Kunst so
reich gesegnet ist.
I.
Aurel Robert wurde am 18. December 1805 aux Eplatures bei La Chaux-de-Fonds geboren und
wuchs in einfachen, bescheidenen Verhältnissen auf. Dieser Ort war damals noch weit entfernt von der
Bedeutung die er heutzutage besitzt, aber es lebte daselbst ein unternehmendes und aufgewecktes Völklein,
das erfolgreich und unermüdlich schaffend einer bessern Zukunft entgegen sah. Während drunten am
See der Land- und Weinbau blühte und die Hauptstadt der Sitz eines vorwiegend geistigen Lebens blieb,
entwickelte sich da droben eine ausschliesslich industrielle Thätigkeit. Es war dies auch ganz natürlich,
denn in diesen rauhen Hochthälern, wo nichts zum Lebensgenüsse auffordert und der Boden kaum die
Pflege lohnt, ist der Mensch gezwungen, alle seine Kräfte zu Rathe zu ziehen. Es ist denn auch bekannt,
wie ein fremder Industriezweig, nämlich die Uhrmacherei, es war, wodurch sich vornehmlich der
Wohlstand entwickelte und seither eine Reihe einst unbedeutender Dörfer, La Chaux-de-Fonds, Le Locle
und St. linier, zu blühenden und dicht bevölkerten Ortschaften geworden sind.
Auch Aurel’s Vater verdankte dieser Industrie den Unterhalt und bald den Wohlstand einer
zahlreichen Familie. Aurel nämlich hatte noch fünf Geschwister, drei Schwestern und zwei Brüder,
deren ältester, Leopold, den höchsten Ruhm erwarb, der je einem schweizerischen Maler zu Theil
geworden ist.
 
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