Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 34.1874

DOI Heft:
Aurel Robert
DOI Artikel:
V.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43125#0028
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

V.
Robert’s letztes Bild war ein Portrait des Obersten Schwab, eines bekannten Kunst- und Alter-
tliumsfreundes, welchem die Stadt Biel das Vermächtniss einer reichhaltigen Sammlung vorgeschichtlicher
Alterthümer verdankt.1) L. Favre erzählt die folgende Geschichte, welche ein charakteristisches Licht
auf die Entstehung jenes Bildes wirft. Als er, zwei Jahre vor dem Hinschiede Roberts, mit seinem
Begleiter das gastliche Ried verlassen, wurden die Freunde eingeladen, noch ein Stündchen in der Terrasse
zu verbringen, einer Villa ausserhalb Biel’s, welche Robert’s Verwandten gehört. Dort wurden eine Reihe
von Bildern bewundert, welche die kunstliebenden Besitzer gesammelt. Mittlerweile kam auch die Rede
auf den Kunstsinn überhaupt, der sich seit etlichen Jahren zu Biel auf erfreuliche Weise zu entwickeln
begonnen hatte. „Diese Kunstliebe der Bieler — meinte der Eine — ist ein gutes Omen für die Zukunft;
ich glaube übrigens nicht zu irren, wenn ich ein gut Theil derselben dem Einflüsse des Ried zuschreibe.“
— „Wie denn — erwiederte Robert — übertreiben Sie nichts, sondern bleiben wir bei der Wahrheit!“
„Jener hat Recht — meinte der Hauswirth — und, um uns für die Zukunft zu verpflichten, bauen wir
jetzt ein Museum, in welchem eine Bildergalerie erstellt werden soll. Ja, meine Herren, eine Gemälde-
galerie in Biel, wer würde das vor zehn Jahren gedacht haben! Ich für meinen Theil schreibe mich ein,
das erste Gemälde zu liefern, und unser Robert hier wird, ich bin überzeugt, nicht weniger leisten.“
„ Angenommen, fügte Aurel bei, ich werde ein Portrait liefern und zwar dasjenige des Obersten Schwab,
denn ohne ihn würde man nie auf den Entschluss gekommen sein, in unserm Städtchen eine solche
Stiftung zu errichten.“
Trotz wiederholter schmerzlicher Anfälle, welche Robert zeitweilig zur Unthätigkeit verurtheilten,
war er bis zu seinem Ende fortwährend der Arbeit zugewendet. So vollendete er noch im Jahre 1870
ein Bild der Marcuskirche, das trotz des kleinen Maassstabes eine Fülle der zartesten Details vereinigt.
Er schrieb darüber am 10. September: Ich nehme mich möglichst zusammen, um in diesen ruhigen
Tagen mein Bild zu fördern. Es ist eine so feine und mühselige Arbeit, dass es ohne Zweifel das letzte
Gemälde sein wird, welches ich in so kleinen Dimensionen ausführe. Ich hoffe indessen, dass die Ge-
wohnheit, welche man in La Chaux-de-Fonds in der Ausbildung des „Kleinen“2) hat, meinem Bildchen
eine günstige Aufnahme verschaffen möge.
Am 27. Oktober begleitete er das Bild mit folgenden Zeilen, die er an den Besteller, Herrn
Oscar Nicolet richtete: „Der ,Natonal Suisse1, der übrigens noch recht günstig urtheilt, macht mir mit
Recht zum Vorwurfe, dass ich meine Interieurs zu klein halte. Sie werden diesen Fehler auch an dem
beifolgenden Bilde gewahren; es würde mir in der That weder mehr Mühe noch mehr Zeit gekostet
haben, wenn ich dasselbe im doppelten Maassstabe ausgeführt hätte, denn die Details sind die nämlichen,
üebrigens sind es meine Augen, welche am meisten unter diesem Irrthume leiden; dafür aber kann der
Besitzer im Falle einer Feuersbrunst (wovor Gott uns Alle behüten möge) ein solches Bildchen um so
bequemer retten, und ebenso bietet dasselbe im Kriegsfälle den feindlichen Kugeln einen kleineren Zielplatz
dar. Gewiss ist dies das letzte Bild, welches ich in dieser Weise ausführe; denn mit 65 Jahren leistet

q Das Folgende zumeist nach L. Favre in der Bibliotheque universelle. Bd. 45, pag. 513 u. ff.
2) „petit volume“. Robert spielt hier auf die Uhrmacherei und auf den Gegensatz zum „gros volume“ an, wie mau
Stockuhren und andere grössere Werke nennt.
 
Annotationen