Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 34.1874

DOI Heft:
Aurel Robert
DOI Artikel:
I.
DOI Artikel:
II.
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43125#0009
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3

und wir wollen, meint er, schöne Bilder fertigen *). Noch freudiger spiegelt sich diese Zuversicht in
einem Briefe an Aurel. Leopold fordert ihn nun alles Ernstes auf, sich nach Rom zu begeben: es wäre
Unrecht, länger zu zögern, denn aus eigener Erfahrung wisse er, wie wichtig es sei, bei Zeiten den
rechten Meister zu finden. Ich habe, fährt er fort, in Paris viel Zeit mit der Kupferstecherei verloren,
ohne dass sie mir gefallen und ich gelernt hätte, was Arbeiten heisst. Hätte ich jene Zeit nicht verloren,
ich wäre schon vier Jahre vorher in derselben Stellung gewesen, die ich heute einnehme. „Es ist nöthig,
dass die Roberts von sich reden machen! Auf denn und muthig, dass wir auf Neujahr beisammen sind!
Ich werde Dir Geld zur Reise schicken, denn die Unsrigen, die schon so viel für mich gethan, dürfen
sich deinetwegen nicht mehr bemühen.“2)
Endlich — mit schwerem Herzen, scheint es — liess man Aurel gewähren. Im September 1821
hatte er die erste Communion empfangen, anfangs 1822 reiste er nach Rom und zwar in Gesellschaft eines
robusten älteren Herrn aus La Chaux-de-Fonds, dem man Aurel empfohlen hatte. Diese erste Fahrt über
das Gebirge während der Unbill eines herben Winters und die zahlreichen damit verbundenen Mühsale
und Entbehrungen scheinen einen tiefen Eindruck auf den noch nicht 17-jährigen Knaben gemacht zu
haben. Noch im Greisenalter wusste Robert davon zu erzählen, wie von der grimmigen Kälte die
Wasserfälle gefroren und die Reisenden gezwungen waren ihre Fahrt zu unterbrechen. Aurel, der sich
elend langweilte und das Heimweh bekam, sei dann unaufhörlich gescholten worden, so dass er froh war,
wenn der Abend einbrach und er ungesehen im Bette weinen konnte.
In Rom, wo Aurel schon lange und sehnlich erwartet war, wurde ihm die herzlichste Aufnahme
zu Theil. Es 'entwickelte sich alsobald jenes innige Verhältniss, das die Brüder unverbrüchlich bis zum
Tode Leopolds verband. Aurel, wiewohl an Alter und Erfahrungen zurück, ward der unentbehrliche
Begleiter und Vertraute seines Bruders, dem dieser, wie ernst sich nachmals ihr Leben gestaltete, bis
zum Ende eine rückhaltlose Offenheit bewahrte. Aber auch Aurel konnte sich glücklich preisen, denn
günstiger hätte der Zeitpunkt seines Eintreffens nicht gewählt werden können.
11.
Als Leopold Robert im Jahre 1810 nach Paris gekommen war, hatte Davids Einfluss auf
künstlerischem Gebiete sozusagen noch unumschränkt gegolten. Weit über Frankreich hinaus war sein
Name gepriesen und seine Kunst, ein kalter Klassicismus, von Allen gefeiert. Inzwischen mehrten sich
zusehends die Anzeichen, welche den Umschwung der Dinge verkündeten. Auf literarischem Gebiete waren
es die Romantiker, welche die Erinnerungen an das längst verschollene Mittelalter auferweckten, in der
Kunst ein zunehmender Realismus, der die Schranken lockerte, und als dann vollends Gericault im Jahre
1812 mit seinen Chasseur-ä-cheval sich vor die Oeffentliclikeit gewagt, da war es eine Generation, welche
jubelnd die neue Aera begrüsste. Auch Leopold vermochte nicht auf die Dauer zu widerstehen; "wie
viel er David verdankte, der sein specieller Lehrer gewesen, so war es allein schon sein Drang nach
dem Wahren, der ihn mit zunehmender Kraft für das Neue beseelte. Vollends entscheidend für seine
künftige Laufbahn ward nun das Leben und die Thätigkeit, die sich ihm in Rom eröffneten. Bis dahin
hatte Leopold nur wenige selbständige Arbeiten geliefert, jetzt galt es ein reiches und farbiges Leben in
1) Bibliotheque universelle. Bd. 40. pag. 413.
2) A. a. 0. p. 415 u. f.
 
Annotationen