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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 34.1874

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Aurel Robert
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II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.43125#0016
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in gähnender Tiefe — der Schreck und die Verzweiflung sind leicht zu denken, denn all seiner Studien, der
mühsamen Erfolge einer Jahre langen Arbeit sah sich der Künstler in diesem einen Augenblicke beraubt.
Aber Aurel war rasch entschlossen; „meine Mappe oder den Tod!“ — und damit eilte er ohne Rück-
sicht auf Gefahr und Leben, das Verlorne zu suchen. Es gelang ihm das Ziel zu erreichen, nach einigen
Stunden mühsamen und gefährlichen Weges war Aurel erschöpft aber triumphirend bei den Reisenden
zurück.
Aurel scheint sich nun längere Zeit in La Chaux-de-Fonds aufgehalten zu haben; dann, im Monat
Juni, reiste er nach Paris, wo er am gleichen Tage mit Leopold eingetroffen sein soll. Bei alten Freunden
im Hause des Malers Gassies, nahmen die Brüder Quartier. Dort wohnte auch Ulrich von Zürich, der
nachmals berühmte Marinen- und Landschaftsmaler, den die Roberts während des römischen Aufenthaltes
kennen gelernt hatten, und dessen kundiger Führung insbesondere Aurel viele Annehmlichkeiten verdankte.
Für beide Brüder war dieser Aufenthalt ein äusserst glücklicher, und Leopold namentlich war jetzt auf
dem Glanzpunkte seines Lebens angelangt. Im Salon hatten seine Bilder, zumal die Schnitter, ein
ungeheures Aufsehen erregt; sie waren in der That eine epochemachende Leistung, was dem Künstler, wo
er nur immer sich sehen liess, die begeistertste Huldigung Aller eintrug; der König selbst, Louis Philippe,
überreichte ihm das Kreuz der Ehrenlegion. Auch Aurel ward die verdiente Auszeichnung zu Theil, eine goldene
Medaille, die ihm den römischen Hirten und die Mönche von Terni belohnte. Trotz dieser Annehmlich-
keiten und der höchsten Genugthuung, welche Leopold hier zu Theil geworden waren, verliess er Paris
in Bälde wieder. Seinem schüchternen und zurückhaltenden Wesen, das schon damals zur Schwermuth
neigte, behagte das turbulente Leben dieser Grossstadt nicht. Unaufhörlich sehnte er sich nach Italien
zurück, „wo es ruhig ist, wo man weiss, dass man lebt und denken kann.“ Auch in La Chaux-de-Fonds
war seines Bleibens nicht lange, er fühlte sich unangenehm berührt durch die politischen Unruhen, welche
eben damals ausgebrochen waren, und deren Strom seinen conservativen Gesinnungen zuwiderlief. Schon
Ende October oder Anfang November kehrte er nach Italien, zuerst nach Florenz, zurück, voller Pläne
und Entwürfe, denn es galt jetzt sein höchstes und leider auch das letzte seiner Werke zu beginnen.
Aurel dagegen blieb noch eine Zeit lang bei den Seinigen zurück, wo er sich nun auch einmal in dem
heimischen Genre versuchte. Aus dieser Zeit stammt nämlich ein reizendes Bildchen, eine Luzernerin
darstellend, die ihr Kind aus dem Bade hebt. Indessen fand Aurel in der Heimat die nöthigen Anregungen
nicht, er kehrte nach Paris zurück, wo er bis zur Mitte des folgenden Jahres (1832) verblieb, theils
mit Genrebildern, theils, wie aus Andeutungen hervorgeht, mit dem Plane beschäftigt, seines Bruders
Werke im Kupferstiche zu veröffentlichen. Q
Inzwischen war Leopold im Februar 1832 nach Venedig übergesiedelt, wohin er lebhaft auch seinen
Bruder wünschte. Im Gemüthe verdüstert und täglich gequält von dem Misserfolge seiner Arbeiten, hoffte
er mit ihm wohl das fröhliche Dasein von ehedem wieder zu beginnen. Er schreibt darüber einem Freunde:
„Ich erwarte meinen Bruder Aurel, der, wie ich hoffe, mir ein minder unglückliches Loos bringen
wird, denn das meinige ist seit Langem ein wahrhaft beklagenswertlies.“2) Und an Aurel: „Ich ver-
sichere Dich, lieber Aurel, dass ich hoch erfreut sein werde, Ulrich hier zu sehen, und dass ich Euch

*) Bibliotheque Universelle. Bd. 41, pag. 561. Einige eigenhändige Versuche Aurel’s finden sich noch im Besitze der
Familie. Auch später, als Aurel mit seinem Bruder in Venedig weilte, hat er sich gelegentlich mit der Kupferstecherei
befasst. Feuillet de Conches, pag. 221.
ä) Schreiben an M. Marcotte, d. d. Venedig 30. November 1832. Feuillet de Conches, pag. 215.
 
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