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Künstler-Gesellschaft Zürich [Hrsg.]
Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich — 49.1889

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Die schweizerische Künstlergesellschaft in Zofingen. Die eidgenössische Tagsatzung und die Kunstausstellung in Zürich im Jahr 1807
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https://doi.org/10.11588/diglit.43108#0024
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in der Folge immer mehr gemeinnütziges Wirken für vaterländische Kunst zu bezwecken. Der erste
Abend, wo die verschiedenen Mitglieder von allen Seiten her, zu Pferd, zu Fuss und in Wagen zusammen-
trafen, ward mit Begrüssung alter, lieber Freunde und mit Stiftung neuer Bekanntschaften zugebracht.
Leider vermissten wir mit Bedauern unsere Bundes- und Kunstgenossen von Bern, die uns eine grosse
Lücke liessen. Wir hofften am folgenden Morgen noch auf ihre Ankunft, aber diese Hoffnung ward
gänzlich getäuscht, denn dass die Berner-Landsmannschaft durch Herrn Dinkel habe können repräsentirt
werden, das wird doch keiner von ihnen zugeben wollen.
Am 28. Mai, Morgens um 9 Uhr, versammelte sich nun die ganze, gegen 50 Personen starke
Gesellschaft auf dem Rathhause. Das von Herrn Usteri projektirte Reglement über Einrichtung und
Hauptzwecke der Gesellschaft ward mit einigen unbedeutenden Modifikationen angenommen. Nun ward
Herr Usteri neuerdings wieder zum Präsidenten erwählt, obgleich bei dem durch Mehrheit der
Stimmen festgesetzten Artikel, dass die gleiche Person mehrere Male zum Präsident könne erwählt
werden, einige Meinungen verblümter Redensarten laut wurden, dass das Präsidium, wie die Land-
ammannstelle, dem Rang der Kantone nach abwechseln sollte, und auch vor der Sitzung etwas davon
war gemunkelt worden: Man wolle nicht immer nach der Zürcherpfeife tanzen! Ich ergriff diese
Gelegenheit, um ganz naiv zu äussern: «Dass ich meines Ortes überzeugt sei, das Gebiet der Kunst
sei nicht in Kantone vertheilt, die Kunst habe nur ein Vaterland, und alle Bürger dieses Vaterlandes
seien freie Brüder mit gleichen Rechten, ohne andern Rang als den, welchen Verdienst um die Kunst
und Thätigkeit zum Besten der Gesellschaft ihnen anweise. Der Thätigste verdiene demnach der Erste
zu sein!» Durch diese Aeusserung war das Streben einiger weniger Mitglieder beschwichtigt, welche
die Verfassung der Gesellschaft allzubindend und methodisch hätten machen mögen, und kein einziges
Individuum zeigte weiter die geringste Spur von Misslaune. Von nun an, in der Sitzung sowohl als den
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ganzen Tag über herrschte die fröhlichste Harmonie. Ich hatte vorher schon Alles angewandt, dass Usteri
noch ein Jahr Präsident bleibe, denn da er der Stifter der Gesellschaft ist, so nimmt er sich die
Erhaltung derselben am meisten zu Herzen und unterzieht sich den Arbeiten, die noch zu vollenden sind,
gerne; wird gewiss bei seiner anerkannten Bescheidenheit das verlängerte Zutrauen nicht missbrauchen,
und in der Folge, wenn die Existenz der Gesellschaft vollkommen gegründet und gesichert ist, allen
Liebhabern des Präsidirens die honneurs du fauteuil gern überlassen. Nach dem Präsidenten wurden
nun in die administrative Kommission Hegner von Winterthur (der auch in Paris war), Oberst Pfyffer
von Luzern und Wocher von Basel, und in die mit der Redaktion eines Kunstjournals beauftragte
Kommission Hegner von Winterthur, Professor Horner von Zürich und Hess von da, ernannt. Alle
durch geheimes Stimmenmehr. Dann ward ferner beschlossen:
1. Dass, um Zeit zu Vorlesungen von zweckmässigen Aufsätzen zu gewinnen, die Gesellschaft in
der Folge nie weniger als zwei Morgensitzungen halten solle.
2. Dass es den eigentlichen Künstlern zur Pflicht gemacht werde, immer etwas von ihren neuesten
Arbeiten mit auf Zofingen zu bringen, woraus dann eine kleine Kunstausstellung entstehen werde, die zu
interessanten Gesprächen, Erörterungen, Beurtheilungen, und hauptsächlich zur Kenntniss der ästhetischen
Individualität jedes Künstlers erwünschte Gelegenheit geben könne; und endlich
3. Dass eine Art von Stammbuch, wie das Malerbuch in Zürich, solle angeschafft werden, worin
jeder Künstler und Dilettant einmal etwas liefern solle, um der Stadtbibliothek in Zofingen, zum Beweis
des Dankes für die gastfreundliche Aufnahme, ein Geschenk damit zu machen.
 
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