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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen — Schaffhausen: Brodtmann'sche Buchdruckerei, Band 3.1891

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Die Münsterkirche
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Der Thurm
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https://doi.org/10.11588/diglit.53831#0011
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auch nicht das kleinste Bruchstück erhalten geblieben1). An seine Stelle kam das
jetzige armselige Portal. Die beiden Eingänge an der Nordwand des Querschiffes
und am Ostende des südlichen Seitenschiffes wurden erst im Jahre 1531 nach der
Einführung des protestantischen Gottesdienstes eingebrochen, der südliche übrigens
1859 wieder zugemauert.
Vor dem grossen Westportal stand schon von Anfang an eine die ganze Breite
der Kirche einnehmende Vorhalle, in der ältesten Anlage jedenfalls in grossen Dimen-
sionen, da sie gleiche Säulen besass, wie das Langhaus der Kirche2). Schon im
Laufe des Mittelalters muss diese Vorhalle gründlich umgebaut worden sein, und dies
wiederholte sich in der neuen Zeit noch öfters. Die jetzige flachgedeckte und nicht
zur Architektur passende Vorhalle stammt von den Umbauten von 1853; sie trat
damals an die Stelle des gerade 100 Jahre zuvor angebrachten Vorraumes, dessen
Dach von zopfigen Holzbalustraden getragen war. Wie anderswo war auch hier
die Vorhalle der Aufenthaltsort armer und kranker Leute, die durch ihren Anblick
die Kirchenbesucher zur Ausübung werkthätiger Frömmigkeit ermahnten. Nach der
ältesten Hausordnung der Sondersiechen auf der Steig von 1391 waren die Haus-
kinder geradezu angehalten, jeden Sonntag in der Vorhalle der Münsterkirche sich
niederzulassen, um milde Beiträge zu sammeln3).
Das Aeussere der Kirche entbehrt jeden Schmuckes. Die aus kleinen Kalk-
steinquadern aufgeführten Wände sind völlig kahl. Selbst die Bogenfriese, welche
jetzt unter dem Dache des Langhauses sich hinziehen, sind von Holz und erst 1853
angebracht, wie das schlecht gelungene romanisirende Portal am Nordeingang.

Der Thurm.
Bei den vorromanischen Kirchenbauten wurden die Glockenthürme noch isolirt
als selbständige Bauten neben der Kirche angebracht. Die romanische Kunst suchte
nun den Thurmbau mit der kirchlichen Anlage in eine organische Verbindung zu
bringen und fand dabei verschiedene Lösungen dieser Frage. Für unser Münster
waren ursprünglich zwei Thürme vorgesehen, deren Erdgeschosse von den beiden
Kapellen zu Seiten des Altarhauses zugänglich sein sollten, so dass man vom Innern
der Kirche direkt in die Thürme gelangen konnte. Doch kam wegen der Unzu-
länglichkeit der Mittel nur der nördliche Thurm zur Ausführung1). In seiner kräftigen
Erscheinung ist er ein durchaus würdiger Genosse und Hüter der Kirche, das Muster
eines stilgerechten, logisch gegliederten frühromanischen Thurmes5). Er ist fünf-
geschossig. Das Erdgeschoss gibt sich durch seinen kahlen, massiven Quaderbau,
-:- «
') Neujahrsblatt 1890, S. 8.
2) Neujahrsblatt 1889, S. 13.
#) Schaffhauser Mittheilungen zur vaterländischen Geschichte III, S. 12.
■*) Neujahrsblatt 1889, S. 14.
6) Ansicht nach architektonischer Aufnahme auf Tafel VII, Neujahrsblatt 1890, rechts die Ost-
ansicht mit dem Helm vor 1759, links die Nordansicht mit dem Helm bis 1864.
 
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