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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen — Schaffhausen: Brodtmann'sche Buchdruckerei, Band 3.1891

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Der Thurm
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Der Kreuzgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.53831#0013
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Das dritte Stockwerk ist 5,90 Meter hoch und ist vom vierten wieder durch
einen einfachen Gurt getrennt, während oben an der Thurmmauer unter dem Helme
ein romanisirendes Gesimse aus gebranntem Ton, aus neuester Zeit stammend, hin-
läuft. Die Höhe des Thurmes bis unter den Helm beträgt also 30,90 Meter; der
Helm bis zur Helmstange ist 25 Meter, die Helmstange 3,5, die Kugel 0,90 und
die Fahne sammt Hahn noch 3 Meter hoch, so dass sich bis zum Kamme des
Hahns eine Gesammthöhe von 63,30 Meter ergibt. Der Flelm des Thurmes, sowie
die auf den Thurmmauern aufsitzenden Wimperge sind im Jahre 1763 und 1764
errichtet, 1854 verändert worden; die jetzige Kupferbedeckung stammt aus aller-
neuester Zeit1).
Im Glockenstuhle des Thurmes hängen vier Glocken, von denen zwei durch
ihre Inschriften weithin bekannt geworden sind. Die grösste und zugleich älteste,
durch Abt Konrad Dettikofer bestellt und durch den Giesser Ludwig Peiger in Basel
gegossen, beginnt ihre ausführliche Inschrift mit den Worten: Vivos voco mortuos
plango, fulgura frango (Ich rufe die Lebenden, beklage die Toten, breche die Blitze).
Sie bilden bekanntlich das Motto zu Schillers herrlichem Lied von der Glocke2). Die
zweite, sogenannte Halbglocke vom Jahre 1604, ist ein Werk des Schaffhausers
Johann Heinrich Lamprecht, im Auftrag des Klosterpflegers Christoph Hünerwadel
gegossen und polemisirt in eifrig protestantischem Sinn gegen die obigen Worte
durch die Inschrift:
Zelo fusa bono campanis consono priscis
Lux postquam tenebras exuperasset atras.
Fulgura non frango nec plango morte peremptos,
Aes ego vivantes ad pia sacra vocans.
(In gutem Eifer gegossen, stimme ich in die ältern Glocken ein, nachdem das
Licht [der Reformation] die finstern Schatten überwunden. Ich breche nicht Blitze
und ich beklage nicht die vom Tode Dahingerafften; Erz bin ich und rufe die Lebenden
zum Gottesdienst.)
Die dritte und vierte sind kleinere Glocken; die erstere nach ihrer Inschrift in
gothischen Majuskeln sicher aus dem XV. Jahrhundert stammend, die letztere von
1516, bestellt durch den letzten Abt Michael Eggenstorfer. Ihre Inschrift drückt die
Bedrängniss der Gemüter unmittelbar vor Eintritt der Reformation aus: O rex glo-
riae veni nobis cum pace et tempestive. XVCXVI iar. (O König des Ruhms,
komme zu uns und das bald! 1516).
Der Kreuzgang.
Der Kreuzgang, Umgang oder Ambitus bildet immer die Mitte einer klöster-
lichen Anlage, um die sich die verschiedenen nur für die Mönche bestimmten Ge-
’) Neujahrsblatt 1890, S. 11.
2) Die genaue Beschreibung der Glocken bei Nüscheler: Die Inschriften und Giesser der
Glocken im Kanton Schaffhausen, im 4. Heft der Schaffhauser Mittheilungen, S. 74—76.
 
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