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Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen — Schaffhausen: Brodtmann'sche Buchdruckerei, Band 3.1891

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Die St. Annakapelle (Münsterkapelle)
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St. Oswaldskapelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.53831#0018
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I

16 —
Gerade nördlich vom Chore der St. Annakapelle liegt das noch erhaltene Chor-
gewölbe einer altern, in die romanische Zeit zurückgehenden Kapelle, der
St. Oswaidskapelle.
Dieses Gewölbe ist gegenwärtig in die Südostecke des frühem Korn- und Kabis-
hauses, des jetzigen alten Zeughauses, eingebaut1). Es erscheint als ein fast quad-
ratischer Raum von 3,95 Meter in ostwestlicher und 3,84 Meter in nordsüdlicher
Richtung. Das rundbogige, rippenlose Kreuzgewölbe mit nur 2,70 Meter Scheitel-
höhe stimmt mit den Gewölben der St. Erhards- und St. Johanneskapelle der
ältesten Anlage überein2). In der Mitte des Gewölbes ist an Stelle eines Schluss-
steines eine blaue Kreisfläche mit roter Umrahmung aufgemalt. An der südlichen
Wand zeigen sich die mehr und mehr zu Grunde gehenden Ueberreste eines Wand-
gemäldes, das von einem ohne Zweifel begabten Künstler des beginnenden XVI.
Jahrhunderts herrührt und von dem ersten Kenner unserer Kunstdenkmäler, Rahn,
als virtuos bezeichnet wird. Es stellt den seligen Tod eines Jünglings dar. Derselbe
liegt mit entblösstem Oberkörper, in mehr als halber Lebensgrösse, auf einem Lager
hingestreckt, hinter welchem ein Mönch mit dem Kreuz, das der Sterbende mit der
abgemagerten rechten Hand umfasst, ein zweiter Geistlicher mit der Monstranz und
ein betender Engel knieen. Links unten an einer langen Bank liest ein bärtiger
Mönch vor einem zweiarmigen Leuchter aus der heiligen Schrift vor, während rechts
oben in den Wolken die Madonna mit dem Christuskind, von Engeln umgeben,
schwebt, dem Sterbenden wie eine Vision erscheinend. Eine im Jahre 1880 von
Heinrich Wäscher für die Sammlung des historisch-antiquarischen Vereins angefer-
tigte Copie zeigt, dass das Gemälde seit zehn Jahren noch mehr gelitten hat und
dem unabwendbaren Untergang entgegen geht.
In diesem Chorgewölbe wurde bis vor kurzer Zeit der jetzt in die St. Johannes-
kapelle übertragene Grabstein des wahrscheinlich 1414 verstorbenen Klosterkustos
Johannes Hailower aufbewahrt. Auf dem Sandstein ist in vertieften Linien die
Gestalt eines Mönchs mit einem Kreuze ausgegraben. Die umgebende Inschrift in
gothischen Majuskeln ist nicht mehr vollständig zu entziffern8).
Ob die St. Oswaidskapelle, deren ein einziges Mal zum Jahre 1300 urkund-
liche Erwähnung geschieht4), schon vor 1534 grösstenteils zerstört war, oder ob sie
erst damals dem Neubau des «Korn- und Kabishauses» Platz machen musste, lässt
sich nicht mehr feststellen.
Im Jahre 1526 war an Stelle der frühem Marienkapelle vor der nordwestlichen
Ecke des Münsters ein Doppelpfrundhaus erbaut worden, das äusser dem schon
erwähnten kleinen romanischen Fenster an der Westseite5) und einer zierlichen
!) Grundriss Tafel I lit. U 1.
2) Neujahrsblatt 1890, S. 15 und 17.
s) Neujahrsblatt 1889, S. 16, Anm. 6.
4) Schaffhauser Urkundenbuch Nro. 278, S. 59.
6) Neujahrsblatt 1889 Tafel I und II lit. R. 1890 S. 1 und Anm. 3.
 
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