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Schwarzmaier, Hansmartin [Editor]; Rückert, Peter [Editor]
Das Land am mittleren Neckar zwischen Baden und Württemberg — Oberrheinische Studien, Band 24: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2005

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Rückert, Peter: Dynastie - Hof - Territorium. Zur Herrschaftsbildung der Grafen von Württemberg im späteren Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.52741#0216

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PETER RÜCKERT

Backnang - vielleicht schon befestigt und zur Stadt erhoben hatte10. Stuttgart besaß bei
seinem Übergang an Württemberg jedenfalls bereits städtische Qualität und offenbar
auch eine repräsentative Burg, wie die aktuellen archäologischen Befunde im Alten
Schloss nachweisen11. Der badische Einfluss in Stuttgart wird im übrigen auch noch eini-
ge Zeit später deutlich, als Markgraf Rudolf und dessen Mutter Irmengard 1259 eine
Urkunde Ulrichs und Mechthilds mitbesiegelten, welche Weinbergsbesitz des Klosters
Pfullingen in Stuttgart von Steuern befreite12. Die Markgrafen erscheinen hier also noch
immer als Obereigentümer zumindest dieser Stuttgarter Weinberge.
Die badische Heirat Ulrichs zielte in ihrem territorialpolitischen Movens zweifellos
auf den mittleren Neckarraum, was gegenüber der früheren Orientierung auf das östliche
Schwaben eine neue räumliche Dimension anzeigt. Diese wurde jetzt, wie gesagt, mit dem
Abgang der Staufer eröffnet, und auch im repräsentativen Sinne genutzt: Es ging dem
Württemberger sicher darum, die aus seiner Machtfülle heraus demonstrierte rechtmäßige
Nachfolge der Staufer auch durch die Übernahme der staufischen »Zentralorte« zu reprä-
sentieren: vor allem das staufische Hauskloster Lorch und die Stammburg auf dem
Hohenstaufen stehen dafür13. Die Klostervogtei über Lorch und der Hohenstaufen mit-
samt den zugehörigen Ministerialen waren spätestens seit 1251 in der Hand Ulrichs,
während sein Vetter Hartmann Stadt und Burg Markgröningen als Reichslehen über-
nahm14. Weitere bedeutende Erwerbungen während des Interregnums kamen hinzu,
wobei besonders das Uracher Erbe um die Grafschaften Urach und Achalm eine nachhal-
tige Rolle für die Expansionspolitik des Württembergers spielte. Dazu erhielt er noch das
herzogliche Marschallamt für Schwaben und die Vogtei über Ulm.
Die konsequente Ausnutzung des Machtvakuums an der Reichsspitze zeichnet den
Aktionismus des Württembergers sicher besonders aus und macht ihn darin etwa mit dem
Markgrafen Rudolf von Baden vergleichbar. Auch über die neuen Instrumente herrschaft-
licher Territorialpolitik scheint Ulrich I. effektiv verfügt zu haben: Städtebildung und
Ausbau repräsentativer Residenzen, damit einhergehend organisatorische Durchdrin-
gung der räumlichen Herrschaft und Verdichtung des Territoriums unter Übernahme und
Fortführung alter Herrschaftszentren in Form von Burgen sind hier zumindest in den
angeführten Ansätzen zu erkennen15.
10 Vgl. dazu die Beiträge von Heinz Krieg und Hans-Martin Maurer in diesem Band.
11 Vgl. die eindrucksvollen neuen archäologischen Befunde im Alten Schloss und in der Stiftskir-
che in Stuttgart bei H. Schäfer, Archäologische Untersuchungen in der Stiftskirche in Stuttgart, in:
Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2000 (2001), S. 171-175; Ders., Befunde aus
der archäologischen »Wüste«: Die Stiftskirche und das Alte Schloss in Stuttgart, in: Denkmalpflege
in Baden-Württemberg 31 (2002), S. 249-258, und Ders./U. Gross, Stuttgart, Altes Schloss. Befun-
de aus dem Untergeschoss der Dürnitz, in: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg
2001 (2002), S. 235-239. Daneben siehe jetzt ausführlicher O. Auge, 775 Jahre »Stutkarcen«, in:
ZWLG 64 (2005), S. 11-22; hier vor allem S. 14ff., sowie Ders., Stuttgart (wie Anm. 4).
12 WUB 5, Nr. 1519, S. 286f. Vgl. dazu Decker-Hauff (wie Anm. 9), S. 139.
13 Vgl. dazu jetzt die einschlägigen Beiträge in: 900 Jahre Kloster Lorch. Eine staufische Gründung
vom Aufbruch zur Reform, hg. von F. Heinzer, R. Kretzschmar und P. Rückert, Stuttgart 2004,
darin vor allem: H. -M. Maurer, Zu den Anfängen Lorchs als staufisches Hauskloster, S. 1-28.
14 Mertens, Württemberg (wie Anm. 2), S. 18.
15 Vgl. allgemein dazu den Forschungsüberblick bei S. Lorenz, Staufische Stadtgründungen in
Südwestdeutschland. Aktuelle Aspekte, Tendenzen und Perspektiven in der Stadtgeschichtsfor-
 
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