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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 11.1908

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Hekler, Antal: Römische Bronzen aus Ungarn
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https://doi.org/10.11588/diglit.45356#0252

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A. Hekler

wiederfinden, ohne daß aber Anklänge im ganzen Aufbaue des Standmotivs an
den strengeren argivischen Kanon zu verkennen wären.
Unter den römischen Merkurbronzen zeigen zahlreiche das Motiv unserer
Figur in echt polykletischem Sinne weiter gebildet. Ich erwähne nur einige
charakteristische Beispiele: Jahrbuch 1887 T. 9; Specimens of anc. sculpt. I 33, 34;
Murray, Greek bronzes p. 47 Fig. 18; Bonner Jahrbücher H. 90 T. III 1, 2; Furt-
wängler, Collection Somzee p. 9; Meisterwerke S. 425. Unsere Figur mit den
eben genannten zu vergleichen ist für die Entwicklung der Standfigur im fünften
Jahrhundert außerordentlich lehrreich. Unter den übrigen römischen Bronzen
nimmt unsere Statuette durch Arbeit und Stiltreue, durch die in der ganzen
Figur konsequent durchgeführte, durch keine fremden Elemente getrübte Formen-
gebung eine hervorragende Stellung ein. Die Sorgfalt der Arbeit verrät sich
auch in einem bezeichnenden, rein technischen Merkmale, in den mit Silber ein-
gelegten Brustwarzen. Mit dem Niedergange der Bronzetechnik, der schon zu
Neros Zeiten eintritt, werden Augen und Brustwarzen auch mitgegossen4). Die
Herstellung der Statuette des Nationalmuseums darf sonach in die frühe Kaiser-
zeit und nach Italien verlegt werden. Die provinzialen Bronzen haben ein ganz
anderes Aussehen.
Wer ist nun der Jüngling, der hier mit noch etwas knabenhaftem Gesichte,
allein mit voll entwickeltem Körper vor uns steht?5) Für die Beantwortung
dieser Frage ist zunächst von der Beobachtung auszugehen, daß am Kopfe
über der Stirne die Ansätze von zwei kleinen Flügeln (in der Abbildung kaum
bemerkbar), zweifellos erhalten sind. Wir sind somit unzweideutig auf Hermes ge-
führt. An den echt polykletischen Hermesstatuen sind die Kopf- und Fußflügel als
Elemente, welche die Formenklarheit stören, immer streng vermieden worden.
So sehen wir den Hermes ganz flügellos in der Statue der Sammlung Lands-
downe (Furtwängler, Meisterwerke 503 ff. Fig. 91; Berlin, Beschreibung der Skulp-
turen 196), die mit unserer Bronze im ganzen Aufbau allernächste Verwandt-
schaft zeigt, nämlich ebenfalls im Körper noch rein argivischen6), im Kopfe

4) Vgl. Furtwängler, Collection Somzee 47; A.
Hekler, Römische weibliche Gewandstatuen 28;
Benndorf, Die Großbronzen des Mus. Naz. in Neapel,
Jahreshefte 1901 S. 87. — Bei der Reiterstatue des
Caligula (Neapel) sind die Augen des Kaisers ein-
gesetzt, allein beim Pferde verwendete man nicht
mehr solche Sorgfalt.
5) Dieser Zug, die Vereinigung des voll ent¬
wickelten Körpers mit knabenhaftem Gesichte kehrt

auch bei der Liguriobronze wieder. Auch der völlige
Mangel der Pubes ist beiden Werken gemeinsam.
6) Wenn ich diesen Ausdruck im Gegensätze
zu „polykletisch“ gebrauche, so meine ich damit
selbstredend immer den Typus des Hageladas (Ligurio-
bronze). Daß ich den Gegensatz nur entwicklungs-
geschichtlich und nicht stilistisch fasse, braucht kaum
besonders bemerkt zu werden.
 
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