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PROBLEMATISCHE WERKE

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auf dem Stier< (W 216, London, Privatbesitz). In der Tat haben die beiden überaus weichen, male-
rischen Blätter im Werke Dürers etwas Befremdliches, doch neigen die biegsamen, wie konturlosen
Gestalten mehr zu Hans von Kulmbach hin455.

Zuletzt hat F. Winkler456 auf einen Entwurf mit einer Wappenhalterin (Bayonne) aufmerksam
gemacht. Er rechnet sie zur gleichen Serie wie die >Predigt des hl. Vinzenz Ferrer<, was schwerhch
angeht457. Trotz scheinbarer Reminiszenzen an die>Phyllis< der Zeichnung von 1503 (K 1) ist eine we-
sentlich spätere Entstehungszeit anzunehmen. Selbst unter diesem Aspekt fällt es nicht ganz leicht, an
die Autorschaft Baidungs an dem eher schweizerisch anmutenden Blatt zu glauben. Wenn Baidung
tatsächlich in Frage kommen sollte, spricht alles für die von F. Winkler als Möglichkeit eingeräumte
Annahme, es sei eine Kopie nach einer Zeichnung des Meisters.

Um bei den Handzeichnungen zu bleiben, sei hier noch auf ein, von F. Winkler458 Dürer zugeschrie-
benes Helldunkelblatt, >B et ende Hände< (W 338, Abb. 123), verwiesen, dessen Schuppentechnik dem
> Grüßenden Landsknecht< (K 13, 1505) gleicht. Die > Gewands tudie< (W 339) auf einem anderen Teil
des einstigen großen Studienblattes führt aber wieder sehr von Baidung weg. F. Winklers Zuweisung
an Dürer hat deshalb die größere Wahrscheinlichkeit459. Sehr entschieden ist F. Winkler4593 neuerdings bei
dem >Jungmädchenkopf< (W 285, New York), einer Kreidezeichnung, für eine Zuschreibung an den
jungen Baidung eingetreten. Der Elinweis auf die Dirne des >Ungleichen Paarst von 1507 vermag jedoch
nicht zu überzeugen. Zum gesicherten Baldung-Frühwerk führt trotz nicht zu leugnender Verwandt-
schaftszüge kein sicherer Weg. Immerhin sei auf eine gewisse Ähnlichkeit des zart benervten Köpfchens
mit dem Antlitz der Schwabacher >Hl. Katharina! hingewiesen.

Während sich bei den Zeichnungen, abgesehen von den zuletzt erwähnten Blättern, ein eindeutig
negativer Entscheid treffen läßt, erwecken die Holzschnitte, die seit der Karlsruher Ausstellung neuer-
dings zur Diskussion stehen, mehr den Anschein, als seien hier Baldung-Entwürfe oder -Skizzen von
einer zweiten Hand auf den Holzstock übertragen worden oder aber der Formschneider habe ihren
Charakter weitgehend verändert. Dies gilt vor allem für das> Sebastiansmartyrium! (Pass. 254)460, das
in den Schergen doch zu viele Analogien zu Gestalten wie den Musikanten des >Halleluja< im beschlos-
sen Gart< aufweist461, um gänzlich aus dem Oeuvre Baidungs gestrichen werden zu können. Der Entwurf
mag - als Vorläufer; des Sebastians-Altars - um 1505 entstanden sein462. Schwieriger wird die Einord-
nung bei zwei weiteren Schnitten, der >Kreuzigung! (G 7ö)468 und der >Hl. Barbara mit einem
verehrenden Gläubigen! (G 115)464. Die Zuschreibung selbst des Entwurfs erscheint höchst frag-
würdig, wenn auch bei der »Kreuzigung! die Parallelen zu den Speculum-passionis-Schnitten einiges
Gewicht haben465.

Eine Problematik eigener Art bringt der einzige, in diesem Zusammenhang zu notierende Kupfer-
stich, die »Verkündigung!466. Die bisher erwähnten Werke boten ausnahmslos mehr Berührungspunkte
mit dem Nürnberger Stil Baidungs als dieses im Oeuvre völlig isolierte Blatt. Fast nur die allerdings den
Monogrammen von 1507 überraschend ähnliche Bezeichnung H. G. und die betonte Weinblattranke467
verbinden den Stich mit dem Meister. Setzt man Echtheit und Gleichzeitigkeit des Monogramms voraus,
wäre das Werk als historisierendes Experiment Baidungs um 1506/07 zu betrachten. Dafür spräche die'
verwandte, gotisierende Tendenz in den Speculum-Schnitten, namentlich den »Sechs Fällen Christi!, die
ein Vorbild aus der Zeit nach 1470 in modernere Formsprache transponieren468. Die Nachahmung des
15 .Jahrhunderts geht freilich bei dem Kupferstich viel weiter: Er ist förmlich ein Pasticcio aus Schongauers
 
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