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PROBLEMATISCHE WERKE

Verkündigungs-Stich (B 4) und Teilstücken Dürers aus den späten neunziger Jahren (das Grasbüschel
über dem Schränkchen ist gegenseitige Kopie nach dem auf der > Madonna mit der Meerkatze< (B 42) und
einem Werk aus dem Umkreis des Meisters E.S. (Engel rechts oben). So bleibt weiterhin die Ansicht
C. Kochs469 sehr diskutabel, der den Stich an den Beginn von Baidungs künstlerischer Tätigkeit am
Oberrhein setzt, für welche Lokalisierung auch ein Hinweis E. Brochhagens470 plädiert. Das Mono-
gramm müßte in diesem Fall nachträglich aufgesetzt sein, was ja nichts Außergewöhnliches bedeutet. Eine
sichere Entscheidung ist vorerst mangels authentischer Vergleichsbcispiele bei beiden Datierungen nicht
möglich (Abb. 96).

Von den Gemälden hat das lange umstrittene>Sebastians-Diptychon< (Berlin), dasL. Baldass471
und O. Fischer472 als Frühwerk Baidungs (um 1502) reklamierten, sicher mit dem Künstler nichts zu tun.
C. Koch473 sah in dem Meister der malerisch sehr reizvollen Tafel seinerzeit den Straßburger Lehrer
Baidungs. Dies wird durch E. Büchners474 neueste Darlegungen einigermaßen zweifelhaft: Ihm gelang
es, vom Meister des Diptychons noch weitere Werke aufzudecken, von denen zwei Altarflügel, die >Hl.
Ursula und ihr Gefolge< und der >Hl. Achatius und seine Genossen< (Slg. Kisters, Kreuzlingen), völlig
überzeugen475. Etwa auf 1505-10 zu datieren, liefern sie einen klaren Beweis dafür, daß der Maler des
Sebastian-Diptychons nicht in Baidung gesucht werden kann. Er ist vielmehr ein etwas altmodischer,
vielleicht auch älterer oberrheinischer Zeitgenosse.

Da aus chronikalischen Nachrichten hervorgeht, daß Dürers Paumgartner-Altar (einst in St.
Katharinen)476 Standflügel mit den Darstellungen der Heiligen Katharina tmd Barbara hatte477, nahm
man traditionsgemäß an, die Schwabacher Tafeln seien damit identisch478. Dies ist zwar nicht völlig aus-
zuschließen, weil sie in den Maßen mit den Paumgartner-Flügeln übereinstimmen479. Dann dürften aber
Baidungs Tafeln nachträglich angestückt worden sein: Die in vergleichsweise kräftigen Farben gehaltenen
Heiligen passen auch kompositioneil wenig zu der beinahe grisaillehaften >Verkündigung< der Rück-
seiten der beweglichen Flügel des Paumgartner-Altars (Abb. 148), der aus stilistischen Gründen nicht viel
später als um 1503/04 gemalt sein kann480, während die Schwabacher Tafeln auf 1506 hinweisen481.
Schon deshalb darf auf keinen Fall aus der möglichen Zugehörigkeit zum Paumgartner-Altar weiter ge-
folgert werden, auch die >Verkündigung< sei von Baidung, wie es L. Grote482 und F. Winkler483 ver-
suchten. Die Frage kompliziert sich insofern, als nur die Verkündigungs-Maria im Original (München),
der Engel nur in zwei Kopien erhalten sind484. So viel gibt sich jedoch klar zu erkennen: Im Vergleich zu
den Schwabacher Heiligen wirkt die>Verkündigung< viel dürerischer - dabei unselbständig. Die Figuren
stehen ’gotisch‘ zaghaft im Raum, eine straffe Rahmenbindung fehlt. Alles spricht für einen schwächeren
anonymen Dürerschüler.

Wesentlich einleuchtender als bei der >Verkündigung< erscheint eine Beteiligung Baidungs an der
TafebChristus in der Kelter< in St. Gumpertus zu Ansbach (Abb. 147). Auch diese These hat F. Wink-
ler485 der Vergessenheit entrissen. Dafür könnten einige recht eindrucksvolle Parallelen zum Sebastians-
Altar von 1507 angeführt werden, die nur der unmittelbare Vergleich der Originale voll vergegenwärtigt:
So erinnert der Kopf Petri mit der drahtig gekräuselten Haarperücke an den vorderen Pfeilschützen; die
Putten sind mit dem Jesuskind des Christophorus auf dem rechten Flügel verwandt. Der Kopf des Stifters,
des Kanonikers von Gulpen, stimmt mit Baidungs Malweise dieser Zeit recht gut überein. Nur wird man
gewiß nicht an der schlecht erhaltenen Tafel im ganzen Baidungs Hand erkennen. Der Entwurf für das
stark historisierende Gemälde stammt ohnedies von Dürer (W 184, Berlin). Zwischen diesem und der
 
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