2 Max Ohnefalsch-Richter. Kypros, die Bibel und Homer.
an einer ziemlich engen Stelle, nur etwa fünfzig Meter von den letzten Häusern und nicht weit von
der Strasse stiessen im Frühjahr 1882 die Hauern zufällig auf das Artemis-Temenos. Sie hatten damals
in diesem Thale entlang viereckige Löcher für die Regierung zu graben, wie sie hei der Vertilgung
der Heuschrecken*) angelegt zu werden pflegen. Auf Tafel IV theile ich den Grundriss des Bezirkes,
so weit er sich feststellen Hess, mit. Nach Norden und dem Dorfe zu war schon vor längeren fahren
ein Theil des Bezirkes zerstört worden, als daselbst ein Baumgarten angelegt wurde. Den erhaltenen
Theil des Temenos verdanken wir dem Umstände, dass das Land nur ab und zu von dem cyprischen
Pfluge berührt wurde und dass dieses primitive Geräth den Boden nur wenige Centimeter tief ritzt.
Nichtsdestoweniger hat auch da im Laufe von mehr als zwei Jahrtausenden**) eine gewaltige Zer-
störung der Hauptmasse aller hier aufgestellter Weihgeschenke stattfinden müssen. Aus den ge-
fundenen Fragmenten der grössten Thonstatuen***) Hess sich berechnen, dass dieselben eine Höhe
bis zu mindestens 12 engl. Fuss oder rund 3,6 in gehabt hatten. Es war sehr natürlich, dass die weit
über die Erdoberfläche aufragenden, unter freiem Himmel (sub divo) stehenden Bildwerke der Zer-
störung preisgegeben waren. Man erreichte die Jungfernerde an der tiefsten Stelle bereits bei rund
4 Fuss = 1,20 m. Alle auf dem Grundriss eingezeichneten Statuenbasen oder Statuenftisse wurden in
situ auf dem einfach festgestampften Fussboden vorgefunden, und viele sogar schon bei 1 l/a Fuss
= 45 cm Tiefe unter der jetzigen Erdoberfläche entdeckt. Als die Bauern beim Punkte PHT (auf
Tafel IV) hinuntergruben, stiessen sie auf rohe Thonstatuetten, wie Tafel XI, I —3 und 8, XII, I—4,
und diese!;. ..,1 lagen so dicht aneinander gedrängt, wie die Häringe in der Tonne. Aelmliche An-
häufungen fand ich bei der im September und October 1882 daselbst veranstalteten Ausgrabung.
Die Kinder spielten mit den massenweise gefundenen Bildwerken auf der Dorfstrasse. Einzelne
bessere wurden nach La mal; a an einen Barbier verkauft, und durch diesen wurde ich zur Ent-
deckung des Platzes geführt.j)
Ich habe zwar keine Weihinschriften gefunden, in welchen der Name der Artemis-Kybele
vorkäme. Doch wird diese liier verehrte Göttin aus den Funden beglaubigt.
Es fand sich überhaupt nur eine Inschrift, die zwar bis auf zwei Zeichen gut erhalten, aber
nicht verständlich ist. Sie läuft in einer Linie rings um den unteren Rand eines säulen- und altar-
förnügen etwa 9 cm hohen Raucher- oder Weihwassergefässes aus Sandstein, das ich in „The Owl"
1889, S. 76 77, Tat". IX, 26 abgebildet habe und lautet:
rOKPEf ENEOZNIKOAHMOXO G POOEItPON
Der Name Nikodemos kehrt im Apollon-Heiligthum zu Voni No. 3 wieder. Das letzte
Wort. IfQOf belehrt uns, zusammen mit den Kunduniständen, dass wir an einer heiligen, einer Gottheit
geweihten Stätte sind. Vielleicht ist das vorletzte Wort ^qoioc »des Heros« zu ergänzen. Die übrigen
Worte bleiben unverständlich. Ein des Schreibens unkundiger Steinmetz scheint die Inschrift unvoll-
kommen copirt zu haben.
*) Vgl. die Nation. Berlin 1891. S. 710 meines Aufsatzes „Cypern unter englischer Verwaltung".
**) Das Temenos wurde zuletzt im vierten vorchristlichen Jahrhundert benutzt, wie aus den Funden
klar wird.
"**) Ein Stück Brust eines weiblichen Kolosses fand ich 188+ im British Museum ausgestellt, wo sieh
die Funde von Achna befinden.
f) S. Reinach, Chron. d'Or. S. 187 [5, 354—5] Ich werde diese von S."Reinach zuerst in der Revue
Archeologique publicirten, 1891 (Paris, bei Firmin, Didot et Cie.) in Buchform gesammelten Chroniques d'Orient
sehr olt zu eitiren haben, da über Cypern und meine Forschungen nichts besseres existirt.
an einer ziemlich engen Stelle, nur etwa fünfzig Meter von den letzten Häusern und nicht weit von
der Strasse stiessen im Frühjahr 1882 die Hauern zufällig auf das Artemis-Temenos. Sie hatten damals
in diesem Thale entlang viereckige Löcher für die Regierung zu graben, wie sie hei der Vertilgung
der Heuschrecken*) angelegt zu werden pflegen. Auf Tafel IV theile ich den Grundriss des Bezirkes,
so weit er sich feststellen Hess, mit. Nach Norden und dem Dorfe zu war schon vor längeren fahren
ein Theil des Bezirkes zerstört worden, als daselbst ein Baumgarten angelegt wurde. Den erhaltenen
Theil des Temenos verdanken wir dem Umstände, dass das Land nur ab und zu von dem cyprischen
Pfluge berührt wurde und dass dieses primitive Geräth den Boden nur wenige Centimeter tief ritzt.
Nichtsdestoweniger hat auch da im Laufe von mehr als zwei Jahrtausenden**) eine gewaltige Zer-
störung der Hauptmasse aller hier aufgestellter Weihgeschenke stattfinden müssen. Aus den ge-
fundenen Fragmenten der grössten Thonstatuen***) Hess sich berechnen, dass dieselben eine Höhe
bis zu mindestens 12 engl. Fuss oder rund 3,6 in gehabt hatten. Es war sehr natürlich, dass die weit
über die Erdoberfläche aufragenden, unter freiem Himmel (sub divo) stehenden Bildwerke der Zer-
störung preisgegeben waren. Man erreichte die Jungfernerde an der tiefsten Stelle bereits bei rund
4 Fuss = 1,20 m. Alle auf dem Grundriss eingezeichneten Statuenbasen oder Statuenftisse wurden in
situ auf dem einfach festgestampften Fussboden vorgefunden, und viele sogar schon bei 1 l/a Fuss
= 45 cm Tiefe unter der jetzigen Erdoberfläche entdeckt. Als die Bauern beim Punkte PHT (auf
Tafel IV) hinuntergruben, stiessen sie auf rohe Thonstatuetten, wie Tafel XI, I —3 und 8, XII, I—4,
und diese!;. ..,1 lagen so dicht aneinander gedrängt, wie die Häringe in der Tonne. Aelmliche An-
häufungen fand ich bei der im September und October 1882 daselbst veranstalteten Ausgrabung.
Die Kinder spielten mit den massenweise gefundenen Bildwerken auf der Dorfstrasse. Einzelne
bessere wurden nach La mal; a an einen Barbier verkauft, und durch diesen wurde ich zur Ent-
deckung des Platzes geführt.j)
Ich habe zwar keine Weihinschriften gefunden, in welchen der Name der Artemis-Kybele
vorkäme. Doch wird diese liier verehrte Göttin aus den Funden beglaubigt.
Es fand sich überhaupt nur eine Inschrift, die zwar bis auf zwei Zeichen gut erhalten, aber
nicht verständlich ist. Sie läuft in einer Linie rings um den unteren Rand eines säulen- und altar-
förnügen etwa 9 cm hohen Raucher- oder Weihwassergefässes aus Sandstein, das ich in „The Owl"
1889, S. 76 77, Tat". IX, 26 abgebildet habe und lautet:
rOKPEf ENEOZNIKOAHMOXO G POOEItPON
Der Name Nikodemos kehrt im Apollon-Heiligthum zu Voni No. 3 wieder. Das letzte
Wort. IfQOf belehrt uns, zusammen mit den Kunduniständen, dass wir an einer heiligen, einer Gottheit
geweihten Stätte sind. Vielleicht ist das vorletzte Wort ^qoioc »des Heros« zu ergänzen. Die übrigen
Worte bleiben unverständlich. Ein des Schreibens unkundiger Steinmetz scheint die Inschrift unvoll-
kommen copirt zu haben.
*) Vgl. die Nation. Berlin 1891. S. 710 meines Aufsatzes „Cypern unter englischer Verwaltung".
**) Das Temenos wurde zuletzt im vierten vorchristlichen Jahrhundert benutzt, wie aus den Funden
klar wird.
"**) Ein Stück Brust eines weiblichen Kolosses fand ich 188+ im British Museum ausgestellt, wo sieh
die Funde von Achna befinden.
f) S. Reinach, Chron. d'Or. S. 187 [5, 354—5] Ich werde diese von S."Reinach zuerst in der Revue
Archeologique publicirten, 1891 (Paris, bei Firmin, Didot et Cie.) in Buchform gesammelten Chroniques d'Orient
sehr olt zu eitiren haben, da über Cypern und meine Forschungen nichts besseres existirt.