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Max Ohnefalsch-Richter. Kypros, die Bibel und Homer.
bilinguen in phönikischer vind kyprisch-syllabarer Schrift entdeckte ich das Fragment einer an Apollon
gerichteten Weihinschrift in gemein griechischer Schrift. Die [nschrift ist um den Rand eines grossen
steinernen Weihwasserbeckens in einer Zeile eingemeisselt. Ich fand es im Weihgeschenkraume und
ziemlich in der Mitte, nicht weit vom Thon-Kolosse nach Norden zu.
Ahcr der grössere der altarförmigen Marmorwürfe] mit der längeren und besser erhaltenen
Bilinguis wäre für die Welt für immer verloren, hatte ich Herrn Col. Warren Folge geleistet.
Geradezu schmerzlich berührt hat mich, dass Col. Warren versucht hat, sich als Finder der Inschriften
und des Bezirkes hinzustellen, ohne meiner nur mit einer Silbe Erwähnung zu thun.*) Auch andere
veranlasste er, die Inschriften als seine Kunde zu publiciren. Dieser Bezirk zu Frangissa ist bis jetzt
der einzige auf Cypern entdeckte, in dem die nicht geköpften lebensgrossen Statuen und Kolosse
aufrecht in situ standen. Einige Beispiele seien erwähnt.
In der ummauerten Nische bei NA stand eine lebensgrosse, alterthümliche Steinstatue auf
dem Steine NA (Tat. VI) in situ. Käst in der Mitte des Weihgeschenkraumes auf der Steinplatte C
(Taf. VI) stand der grösste der alterthümlichen Thon-Kolosse aufrecht in situ. Nur war der Obertheil
der Statue in den Mitteltheil senkrecht etwas hineingedrückt worden, da Brüche stattgefunden hatten.
Der Kopf sass auf dem Rumpf, aber da am Halse wieder Risse erfolgt waren, musste ich den Koloss
stückweise herausnehmen. Viele andere Bildwerke in verschiedenen Grössen standen reihenweise in
situ oder waren reihenweise bei der Katastrophe des Bergsturzes umgesunken.
Leider gaben diese schönen Kunde, wie sie in der WTeise bisher nie auf Cypern gemacht wurden
und vielleicht nie wieder gemacht werden dürften, zu einem höchst bedauerlichen Prozesse Ver-
anlassung, der sich zwischen Herrn Col. F. Warren und Herrn C. Watkins in Nicosia abspielte
und bei dem ich den Hauptzeugen abgab. Herr C. Watkins war auf Cypern der einzige gewesen,
der mit den Mitteln weniger gekargt hatte und es mir überliess, zu thun und zu lassen, was ich für gut
befand. Der beste Beweis dafür ist die mustergiltige Ausgrabung zu Dali (No. 3).
Der Prozess Watkins-Warren war auch die Ui'sache, dass ich verhindert wurde, eine ausführ-
lichere Beschreibung der Kunde in Nicosia zu machen. Auf einen (lerichtsbefehl hin wurden die
Alterthümer aus meinem Hanse entfernt. Da beim Transport trotz meiner Proteste keiner meiner
geschulten Arbeiter zugegen war, nicht einmal einer der Ausgräber, ging der Zusammenhang vieler
Stücke verloren, und es wurde später unmöglich, beim grössten Thonkolosse den Kopf auf den Rumpf
zu setzen. Dies in Kürze die wahrheitsgetreue und traurige Schilderung der Fundgeschichte.
Die (legend von Krangissa gehört ebenfalls zu den malerischen Punkten der Insel. Wir
befanden uns aul einem der nördlichen Ausläufer des Machaerasgebirges. Auf den allmäligen Ab-
grabungen nun, welche Hr. Max Ohnefalsch-Richter vom October bis November 1885 zu Franschissa (Frangissa),
dem alten Tamassos, geleitet hat, lieferten zwei neue bilinguen" .... und ferner: „Zugleich sandte Hr. Ohne-
falsch-Richter einen Plan seiner Ausgrabungen, der wohl verdient, hier wiedergegeben zu werden."
*) The Cyprus Museum. A bilingual inscription (Phoenician and Kypriote). Recently discovered near
the ancient town of Tamassos. Cyprus, during excarations carried out by Colone] Kalk. Warren R. A.
Proceedings of the Society of Biblical Archaeology. December 1886 and fanuäry 1887. Phoenician and
Cypriote Inscriptions. By Professor W. Wright, P. Le Page Renouf and P. Berger. February I887. S. 104 ist
eine Berichtigung von mir abgedruckt.
Vgl. ferner Memoire sur deux nouvelles inscriptions Phenicienne.s de l'ile de Chypre par M. Philippe
Berger. Paris 1887. S. I: Vers la fin de novembre 1886, M. Renan eut connaissance par une lettre de M.
Max Ohnefalsch-Richter, de la decouverte de deux nouvelles inscriptions bilingues, phenicienne.s et cypriotes,
qui avaient ete trouvees a Tamassus, pres de l'ailtel a hruler, dans le temenos d'ApolIon.
Max Ohnefalsch-Richter. Kypros, die Bibel und Homer.
bilinguen in phönikischer vind kyprisch-syllabarer Schrift entdeckte ich das Fragment einer an Apollon
gerichteten Weihinschrift in gemein griechischer Schrift. Die [nschrift ist um den Rand eines grossen
steinernen Weihwasserbeckens in einer Zeile eingemeisselt. Ich fand es im Weihgeschenkraume und
ziemlich in der Mitte, nicht weit vom Thon-Kolosse nach Norden zu.
Ahcr der grössere der altarförmigen Marmorwürfe] mit der längeren und besser erhaltenen
Bilinguis wäre für die Welt für immer verloren, hatte ich Herrn Col. Warren Folge geleistet.
Geradezu schmerzlich berührt hat mich, dass Col. Warren versucht hat, sich als Finder der Inschriften
und des Bezirkes hinzustellen, ohne meiner nur mit einer Silbe Erwähnung zu thun.*) Auch andere
veranlasste er, die Inschriften als seine Kunde zu publiciren. Dieser Bezirk zu Frangissa ist bis jetzt
der einzige auf Cypern entdeckte, in dem die nicht geköpften lebensgrossen Statuen und Kolosse
aufrecht in situ standen. Einige Beispiele seien erwähnt.
In der ummauerten Nische bei NA stand eine lebensgrosse, alterthümliche Steinstatue auf
dem Steine NA (Tat. VI) in situ. Käst in der Mitte des Weihgeschenkraumes auf der Steinplatte C
(Taf. VI) stand der grösste der alterthümlichen Thon-Kolosse aufrecht in situ. Nur war der Obertheil
der Statue in den Mitteltheil senkrecht etwas hineingedrückt worden, da Brüche stattgefunden hatten.
Der Kopf sass auf dem Rumpf, aber da am Halse wieder Risse erfolgt waren, musste ich den Koloss
stückweise herausnehmen. Viele andere Bildwerke in verschiedenen Grössen standen reihenweise in
situ oder waren reihenweise bei der Katastrophe des Bergsturzes umgesunken.
Leider gaben diese schönen Kunde, wie sie in der WTeise bisher nie auf Cypern gemacht wurden
und vielleicht nie wieder gemacht werden dürften, zu einem höchst bedauerlichen Prozesse Ver-
anlassung, der sich zwischen Herrn Col. F. Warren und Herrn C. Watkins in Nicosia abspielte
und bei dem ich den Hauptzeugen abgab. Herr C. Watkins war auf Cypern der einzige gewesen,
der mit den Mitteln weniger gekargt hatte und es mir überliess, zu thun und zu lassen, was ich für gut
befand. Der beste Beweis dafür ist die mustergiltige Ausgrabung zu Dali (No. 3).
Der Prozess Watkins-Warren war auch die Ui'sache, dass ich verhindert wurde, eine ausführ-
lichere Beschreibung der Kunde in Nicosia zu machen. Auf einen (lerichtsbefehl hin wurden die
Alterthümer aus meinem Hanse entfernt. Da beim Transport trotz meiner Proteste keiner meiner
geschulten Arbeiter zugegen war, nicht einmal einer der Ausgräber, ging der Zusammenhang vieler
Stücke verloren, und es wurde später unmöglich, beim grössten Thonkolosse den Kopf auf den Rumpf
zu setzen. Dies in Kürze die wahrheitsgetreue und traurige Schilderung der Fundgeschichte.
Die (legend von Krangissa gehört ebenfalls zu den malerischen Punkten der Insel. Wir
befanden uns aul einem der nördlichen Ausläufer des Machaerasgebirges. Auf den allmäligen Ab-
grabungen nun, welche Hr. Max Ohnefalsch-Richter vom October bis November 1885 zu Franschissa (Frangissa),
dem alten Tamassos, geleitet hat, lieferten zwei neue bilinguen" .... und ferner: „Zugleich sandte Hr. Ohne-
falsch-Richter einen Plan seiner Ausgrabungen, der wohl verdient, hier wiedergegeben zu werden."
*) The Cyprus Museum. A bilingual inscription (Phoenician and Kypriote). Recently discovered near
the ancient town of Tamassos. Cyprus, during excarations carried out by Colone] Kalk. Warren R. A.
Proceedings of the Society of Biblical Archaeology. December 1886 and fanuäry 1887. Phoenician and
Cypriote Inscriptions. By Professor W. Wright, P. Le Page Renouf and P. Berger. February I887. S. 104 ist
eine Berichtigung von mir abgedruckt.
Vgl. ferner Memoire sur deux nouvelles inscriptions Phenicienne.s de l'ile de Chypre par M. Philippe
Berger. Paris 1887. S. I: Vers la fin de novembre 1886, M. Renan eut connaissance par une lettre de M.
Max Ohnefalsch-Richter, de la decouverte de deux nouvelles inscriptions bilingues, phenicienne.s et cypriotes,
qui avaient ete trouvees a Tamassus, pres de l'ailtel a hruler, dans le temenos d'ApolIon.