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Ohnefalsch-Richter, Max
Kypros, Die Bibel und Homer: Beiträge zur Cultur-, Kunst- u. Religionsgeschichte des Orients im Alterthume, m. bes. Beruecks. eigener zwoelfjaehrigen Forschungen u. Ausgrabungen auf d. Insel Cypern (Text) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5181#0197
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188 Max Ohnefalsch-Richter. Kypros, die Bibel und Homer.

wegwarf und sie am Fusse des Berges zerschmetterte. Die Tafeln werden auf Jahwe's
C.eheiss von Mose erneuert: „Haue dir zwei Steintafeln zurecht, wie die früheren waren;
dann will ich auf die Tafeln die Gebote schreiben, die auf den früheren Tafeln standen,
welche du zerbrochen hast."*)

Wieder verweilt Mose dort bei Jahwe vierzig Tage und vierzig Nächte, ohne Speise und
Trank zu sich zu nehmen.**) Da schrieb er die Bundesgebote, die zehn Gebote auf die
Tafeln. Schon während des ersten Aufenthaltes hatte Jahwe dem Moses befohlen, in die Lade das
Gesetz zu legen, dass er ihm geben werde.**5') Als Moses die Offenbarungszelt-Wohnung aufrichtete,
nahm er das Gesetz und legte es in die Lade.f) Wir sehen also hier im alten Testamente
einen ausgeprägten Dualismus, ff) Zwei Gesetzestafeln, auf beiden Seiten beschrieben, zwei Male aus-
gehauen. Die spätere jüdische Tradition erzählt sogar, dass in der Bundeslade neben
dem zweiten Paare die Bruchstücke des ersten Paares der Gesetzestafeln lagen.fff)

Wir haben auf Kypros die beiden Inschrift-Täfelchen von der Akropolis Kitions aus dem
I leiligthume des Götterpaares Astoret-Mikal. Eines davon ist mit schwarzer Farbe auf beiden Seiten
beschrieben (C. I. Sem. 86 et 86bis). Auch das zweite, schlecht erhaltene Täfelchen (C. I. Sem. 87),
auf dem sich nur auf der einen Seite ein Theil der Inschrift in rother Farbe erhielt, wird auf beiden
Seiten beschrieben gewesen sein. Beide Täfelchen haben Löcher zum Aufhängen gehabt, wie das
auf beiden Seiten beschriebene Bronzetäfelchen mit kyprisch-griechischer Inschrift, das im
heiligen Bezirke der Kriegs- und Waffengöttin Anat-Athene auf der Haupt-Akropolis von Idalion auf-
gehangen war. Ich selbst grub 1883 im Apollon-Heiligthume zu Voni beim alten Chytroi den Torso
einer Weihbildsäule aus, die in der herabhängenden Linken an einem Bande ein solches durchlochtes
Täfelchen ebenfalls mit griechisch-kyprischer Silbenschrift beschrieben trägt. Ich bilde auf Taf. XLII
den Torso und ebenda nochmals gross die Inschrift ab. —

Während das Paar bilinguer Steine von Tamassos ähnlich wie das Säulenpaar von Malta
(Taf. LXXXI, Fig. 1) über die Weihung von Weihgeschenken berichtet, über das Errichten von Mal-
steinen und Bildsäulen, handeln die kitischen Inschriftsteine ähnlich den Gesetzestafeln
Moses von wichtigen, für den Dienst des Tempels und dessen Erhaltung geltenden
Bestimmungen. J. Halevy §) stellt diese kitischen Tempelordnungen an instructivem
Werthe über den berühmten phönizischen Tempeltarif von Marseille (C. I. Sem. No. 165).

*) 34, 1. **) Exodus 34, 28. ***) 25, 16. f) 40, 20.
ff) Demnach wäre E. Knoll („Studien zur ältesten Kunst in Griechenland''. Bamberg 1889. S. 68 u. 69)
zu verbessern und Preller-Roberts (Griechische Mythologie I. p. 332, 2) Ansicht wieder zu Ehren zu bringen.
Knoll meint, eine Gottheit wurde am allerwenigsten zu rein decorativen Zwecken doppelt dargestellt, oben-
drein noch mit Variationen. Denn ist nicht so. Gewiss sind an der Fran50isva.se die Flügelgestalten mit Panther
und Hirsch ursprünglich Cultusbilder. Gerade der Umstand, dass sie doppelt dargestellt sind, spricht
noch mehr für den religiösen Charakter, mag auch das religiöse Bild zugleich decorative Zwecke erfüllen.
Die paarweise und zu mehreren Paaren dargestellten krugtragenden Löwendämonen mit Fischhaut des Bronze-
gefässes von Kition (Taf. CLIII, 12) sind gerade im Sinne der semitisch-hebräischen Religionsanschauung. Wir
begegnen der heiligen Zweizahl und Vi erzähl ebenso gut auf vielen anderen cyprischen und nichtcyprischen
graecophönikischen Monumenten. Wir finden sie in Aegypten, besonders beim Ammon-Cultus u. s. w. Ich
komme Kap. III Abschn. 2 darauf zurück. Vgl. auch Movers Phönizier. I, S. 395.

fff) Ich verdanke diese werthvolle Notiz Herrn G. Minden, der mich auf zwei in Betracht kommende
Belegstellen Midrasch Tanchumah zu II. Mose 37, 7 und Midrasch rabba zum 4. Buch Mose Paraschah rabba,
Leipzig, Otto Schulze. 1885. S. 71.

§) Revue des etudes Juivis. Paris 1881 Les inscriptions peintes de Citiurrt. S. 173—104.
 
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