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Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0115
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geschrieben worden 1. Bei der Horber Maria genügt der Hinweis auf den
Kopf der Creglinger Madonna 2, um die Beziehungen aufzuzeigen. Verfeinert
finden sich dort fast alle Eigentümlichkeiten, die die Gesichtszüge der
Horber Madonna kennzeichnen: die breite Stirn, die flach liegenden, weit
geöffneten Augen, das volle Kinn. Fiir den Engel in Horb kann man zum
Vergleich den Engel der Riemenschneiderschen Verkündigung in Bibra 3
lieranziehen, der in allen wesentlichen Eigentümlichkeiten der Gewand-
gebung mit diesem übereinstimmt. Später, zu Beginn des 16. Jahrhunderts,
hat stellenweise wieder eine Rückwirkung Riemenschneiders auf einzelne
schwäbische Zentren eingesetzt. Von diesen, von Franken her beeinssußten
Arbeiten ' sind m. E. die Horber Verkündigung und die Berliner Sitzmadonna
als ältere und dem Ausgangspunkt der Riemenschneiderschen Kunst nahe
stehende Werke zu scheiden 6.

1 vgl. Tönnies, T.eljen und Werke Tilmann Riemenschneiders (Straßburg 1900) S. 234. 2 Abb. bei

Bier a. a. O. Tafel 3. 3 Abb. bei Streit, Tylmann Riemenschneider (Berlin 1888) Tafel 8. 4 Zu nennen

wäre etwa neben zahlreichen Schöpfungen ausdenscliwäbisch-fränkischenGrenzgebieten derSippenaltar der

Heiligkreuzkirche zu Gmiind oder die Madonna von Hochaltingen bei Nördlingen. In öffentlichen Samm-
lungen wäre etwa die Büste einer hl. Katharina im österreichischen Museum zu Wien (Abb. in Falke, Holz-
schnitzereien. Tjinc Auswahl aus der Sammlung des k. k. österreich. Museums sWieu 1893] Tafel 6) zu

verzeichnen, die wieder mit der Mittelfigur eines Altars im Kaiser Friedrich-Museum (Voege, Abb. Nr. 153)
verwandt erscheint. 5 Die mannigfachen stilistischen Beziehungen, die zwischen den Ulmer Meistern des

ausgehenden fünfzehnten J ahrhunderts und den Anfängen Riemenschneiders bestehen, kommen in älteren
Attributionen einzelner Werke cliarakteristisch zum Ausdruck. So wurde, wie schon erwähnt, die sitzende
Madonna des Kaiser Friedrich-Museums (Abb. 115) friiher Riemenschneider zugeschrieben (vgl. Tönnies,
a. a. O.). Dem gleichen Meister gehören nach Streit (a. a. O.) die Vanitas-Gruppe zu Wien (Abb. 81)
und die Köpfchen von Adam und Bva im South Kensington-Museum zu Rondon (Abb. Streit, Tafel 44). Von
Schlosser (Vanitas a. a. O.) werden diese und die „Vanitas" einem eigenen österreichischen Meister zuge-
schrieben, während der Berliner Katalog (S. 76) die Vanitas-Gruppe mit der kleinen Sitzmadouna (Abb. 115)
und der Katharina-Büste des österreichischen Museums zu Wien (vgl. oben Anmrkg. 4) zusammenbringt. —
Die beiden Köpfchen im South Kensington-Museum gehen m. F. am engsten mit den Büsten des Ulmer
Chorgestühls zusammen, die Augen- und Mundbildung des Adam, wie die besondere eckige Stirnform
der Eva, die beispielsweise auch die libysche Sibylle in Ulm hat, ergeben die Zusammenhänge.

III
 
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