Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Otto, Gertrud; Watzinger, Carl; Weise, Georg
Die Ulmer Plastik der Spätgotik — Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte, Band 7: Reutlingen, 1927

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31325#0308
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
von Ulm an irgend einem Zentrum
bayerisch Schwabens entstanden ist,
scheint eine noch wesentlich reifere und
selbständigere Madonna (Abb. 348) in
A u e r b e r g l (B.A. Schongau) zu be-
weisen, die als Arbeit des nämlichen
Künstlers gelten darf. In der Wieder-
gabe des Kindes, der Anordnung des
Schleiertuchs und vor allern im Kopf-
typus offenbart sich die engste Ver-
wandtschaft. Freier nur und gelöster
sind die Motive der Gewandanordnung
gegeben. Weitere Werke dieses Meisters
mögen sich vielleicht noch in jener schon
nach Oberbaj^ern iibergreifenden Ecke
des bayerisch-schwäbischen Gebietes fin-
den. Dem nach Ulm zu verlegenden Aus-
gangspunkt seiner kiinstlerischen Rich-
tung dürfte eine Madonna (Abb. 349) in
Stetten (O.A. Ehingen) nahe stehen,
die in der Kopfhaltung und den Gesichts-
ziigen sich eng mit den Figuren von
Markt Wald und Auerberg beriihrt, wäh-
rend die Gewandung in den unteren Par-
tien eine merkwiirdige Abwandlung des
Grundschemas bietet.

Höchst eigenartigen Schöpfungen be-
gegnen wir unter den Ausstrahlungen
unserer Werkstatt. Einen merkwürdigen
Rückfall in gotische Empfindungsweise
und iiberschlanke Zierlichkeit bekunden
die nahezu lebensgroßen Figuren einer
Madonna und der Heiligen Dorothea und Katharina (Abb. 350—352) in
der Kirche zu O b e r w a 1 d b a c li (B.A. Günzburg). Die Köpfe klingen
an Betlinshausen oder Rechbergreuthen an, in der Gewandbildung, be-
sonders bei der Madonna, kehrt das alte Werkstattschema wieder. Die ein-
zelnen Motive sind zwar in die Uänge gezogen und von steifer Eckigkeit,
aber sie sind alle unvermindert vorhanden und zeugen für die nahen Zu-
sannnenhänge mit der uns beschäftigenden Ulmer Werkstatt. Man wird
diese eigentümlichen manieristischen Figuren einer ganz späten Stilphase
zuzuschreiben liaben. Weitere Werke des gleichen Meisters ließen sich in

1 vgl. Die Kunstdenkmäler von Bayern, Oberbayern Bd. I S. 576.

Abb. 358. Stetten

Klosterkirche. Madonna.

304
 
Annotationen