Ausnützung seiner Fähigkeit, zu beobachten, hin-
länglich geschult. Darum auch nie eine peinliche
Anstrengung; alles strömt ihm in Ueberfluss zu;
alles erscheint von künstlerischem Schwung ge-
tragen; nirgends eine Scheidung zwischen Gedanke
und Ausführung; Besnard hat stets mit ein und
demselben Griff die Idee und die Form, die sie
bekleiden soll. «Ich glaube», schreibt er eines
Tages, «dass es ohne die Gabe, sich ohne Zwang
zu erinnern keinen Künstler geben kann. Die
schönste Veranlagung ist die, bei der die Schöpfung
die unmittelbarste Resultante aus der Eingebung
ist. Was die schlechten Maler macht, ist die Dis-
harmonie zwischen Geist und Hand.»
Damit gab Besnard unbewusst grundlegende
Regeln. Keine Kunst ist decorativ sofern sie nicht
der vornehmsten Bedingung folgt, völlig einheit-
lich zu sein. Wenn daher der Künstler gezwungen
ist, jeden Augenblick Halt zu machen, jede Einzel-
heit getrennt auszuführen, weil er immer wieder
das Modell zu Rate ziehen muss, so verliert er
den Blick für das Ensemble; den verschiednen
Teilen des Ganzen fehlt das Band, der unerläss-
liche Zusammenhang. Man wird Besnard die Ge-
rechtigkeit widerfahren lassen müssen, dass er sich
nie von diesen Grundsätzen entfernt hat.
Davon Probe abzulegen, war ihm zum ersten
Mal vergönnt, als das Ministerium der schönen
Künste ihm die Ausschmückung des Vestibüls der
Pariser Ecole de Pharmacie übertrug. Wir haben es
hier mit einer staatlichen Anstalt für ein specielles
Lehrfach zu thun. Offenbar kann ein Besnard
nicht daran denken der gewöhnlichen, alten Schab-
lone zu folgen: Er wird nicht in willkürlich er-
sonnener Weise die Begründung der Schule schildern,
nicht ihr allmähliches Wachsen u. s. w. in Scene
setzen. Er wird Bilder geben, die er vielleicht
einst gesehen, die sicherlich den Anschein der
Wahrheit tragen und die seinem Gedanken am
bestimmtesten Ausdruck zu geben geeignet sind:
Die kleinen Felder, die sich ihm bieten, werden
durch die Darstellung der Elemente gleichsam zur
Vorrede des Hauptwerks, und eine wahrhaft er-
habne Inspiration lässt Besnard im Contraste des
primitiven mit dem modernen Menschen dem be-
wundernswerthen Anteil, Ausdruck verleihen, der
der Wissenschaft auf dem Gebiete civilisatorischen
Fortschritts zugefallen ist. Von nun ab ist es un-
möglich die Natur der hier getriebenen Studien zu
verkennen; ihre Ziele aber werden uns die grossen
Compositionen offenbaren: Auf dem ersten sieht
man eine Frau auf ihrem Lager, schwach, hinfällig
(E 180 D
länglich geschult. Darum auch nie eine peinliche
Anstrengung; alles strömt ihm in Ueberfluss zu;
alles erscheint von künstlerischem Schwung ge-
tragen; nirgends eine Scheidung zwischen Gedanke
und Ausführung; Besnard hat stets mit ein und
demselben Griff die Idee und die Form, die sie
bekleiden soll. «Ich glaube», schreibt er eines
Tages, «dass es ohne die Gabe, sich ohne Zwang
zu erinnern keinen Künstler geben kann. Die
schönste Veranlagung ist die, bei der die Schöpfung
die unmittelbarste Resultante aus der Eingebung
ist. Was die schlechten Maler macht, ist die Dis-
harmonie zwischen Geist und Hand.»
Damit gab Besnard unbewusst grundlegende
Regeln. Keine Kunst ist decorativ sofern sie nicht
der vornehmsten Bedingung folgt, völlig einheit-
lich zu sein. Wenn daher der Künstler gezwungen
ist, jeden Augenblick Halt zu machen, jede Einzel-
heit getrennt auszuführen, weil er immer wieder
das Modell zu Rate ziehen muss, so verliert er
den Blick für das Ensemble; den verschiednen
Teilen des Ganzen fehlt das Band, der unerläss-
liche Zusammenhang. Man wird Besnard die Ge-
rechtigkeit widerfahren lassen müssen, dass er sich
nie von diesen Grundsätzen entfernt hat.
Davon Probe abzulegen, war ihm zum ersten
Mal vergönnt, als das Ministerium der schönen
Künste ihm die Ausschmückung des Vestibüls der
Pariser Ecole de Pharmacie übertrug. Wir haben es
hier mit einer staatlichen Anstalt für ein specielles
Lehrfach zu thun. Offenbar kann ein Besnard
nicht daran denken der gewöhnlichen, alten Schab-
lone zu folgen: Er wird nicht in willkürlich er-
sonnener Weise die Begründung der Schule schildern,
nicht ihr allmähliches Wachsen u. s. w. in Scene
setzen. Er wird Bilder geben, die er vielleicht
einst gesehen, die sicherlich den Anschein der
Wahrheit tragen und die seinem Gedanken am
bestimmtesten Ausdruck zu geben geeignet sind:
Die kleinen Felder, die sich ihm bieten, werden
durch die Darstellung der Elemente gleichsam zur
Vorrede des Hauptwerks, und eine wahrhaft er-
habne Inspiration lässt Besnard im Contraste des
primitiven mit dem modernen Menschen dem be-
wundernswerthen Anteil, Ausdruck verleihen, der
der Wissenschaft auf dem Gebiete civilisatorischen
Fortschritts zugefallen ist. Von nun ab ist es un-
möglich die Natur der hier getriebenen Studien zu
verkennen; ihre Ziele aber werden uns die grossen
Compositionen offenbaren: Auf dem ersten sieht
man eine Frau auf ihrem Lager, schwach, hinfällig
(E 180 D