schmack, das Sinnbild, das ihm lieb ist, in die
Form des Mittelalters zu zwängen. Mag es schwer
sein, für ein solches Sinnbild gemeingültige moderne
Formen zu finden: in den Bücherzeichen darf der
Erfinder zunächst einmal frei schalten. : Sie könnten
zum Versuchsfeld für eine zeitgemässe Heraldik
werden. Wenn Geist und Kunst sich einen, dürfen
wir hier zuerst moderne Eigenzeichen erwarten.
Ein charakteristisches Motiv, charakteristisch ver-
arbeitet, — das kann ein Zeichen abgeben, so deut-
lich, sprechend und unvergesslich wie nur irgend
ein altes Wappen. Aber es gehört ein ganzer
Künstler dazu, um ein solches
Ganzes zu schaffen.
Mir scheint das schöne
Symbol, das O. Hupp für Dr.
Friedrich Schneider gezeichnet
hat, solch ein modernes
Wappen. Ebenso Klingers herr-
liche Blätter für Fritz Gurlitt.
Das meiste dieser Art hat
Joseph Sattler geleistet. Die
markigen Köpfe für F. C. Haupt
und A. Rau; der krähende Hahn
in dem Spruchband: Evigila et
tecum esto; die gefesselte Eule
für Gustav Ad. Müller; die
Halbfigur mit den Messwerk-
zeugen in dem runden Bande;
selbst die viel missbrauchten
Motive der Bücher und des
Monogramms, so schlagend
verwertet wie für A. Rau oder
Wolfgang Mecklenburg; ja ein
einfaches Schriftband fast ohne
jede Zuthat, aber so eigen ge-
fügt, dass es sich beim ersten Blick unverlierbar
einprägt; diese alle und manche anderen sind echt
moderne Eigenzeichen, völlig geeignet, die heral-
dische Tradition da zu ersetzen, wohin sie nicht
mehr gehört.
Die Engländer gehen unabhängig davon auf
ähnlichem Wege. Auch sie haben ihren heral-
dischen Stil, wie ihn etwa Sherborn vertritt, ein
Stecher von erstaunlichem Fleiss, doch in der
Zeichnung den deutschen Heraldikern nicht ge-
wachsen. Für die freiere Erfindung haben die
tüchtigsten dekorativen Künstler, Walter Crane u. a.,
ihr Talent eingesetzt. Beherrscht aber wird die
heutige Mode von dem eigenartigen und höchst
anmutigen Stil, den Robert Anning Bell in ^venigen
R • ANNING BELL
mehrere Gestalten, meist schlanke Mädchen in
griechischer oder heutiger Tracht, lesend, musi-
zierend, ruhend; leichte Rahmen, hie und da im
Blumenschmuck; die Zeichnung in Umriss, nur
gelegentlich ein Stückchen dunklen Grundes; das
Ganze von zarter und doch sicherer Wirkung, aus
einem Gedanken und aus einer Hand. Daher
können auch diese Gestalten als Eigenzeichen gelten;
sie sind unvergesslich und unnachahmlich trotz der
breiten Masse dilettantischer Nachahmer, die sich
an R. A. Bell gehängt haben; auch dies ist ein Weg
zur modernen Heraldik.
Unter den vielen Kräften,
die sich neben diesem Künstler
heute in England am Ex-libris
versuchen, meist in der dort
beliebten symbolischen Art,
der ein tüchtiges Stück Manier
anklebt, scheint sich bisher
keine ganz starke Persönlichkeit
zu finden. Aber die Nachfrage
ist dort so lebhaft, dass jeder
Tag einen neuen Mann bringen
kann. Das Interesse, das die
englische Gesellschaft dem Ge-
brauch der Bücherzeichen ent-
gegenbringt, erbitten wir auch
von unseren deutschen Kunst-
freunden. Hier ist eine so
günstige Gelegenheit,umKünst-
ler für unsere dekorative Kunst
zu gewinnen, deren einfachste
Begriffe ja vielen, die sich
Künstler nennen, so fern liegen.
Es ist eine Gelegenheit anderer-
seits, um auch solche Talente,
die den Weg des Kunstgewerbes gegangen sind, für
echte Kunst zu erziehen. Für diese Talente liegt die
Gefahr so nahe, in den Schlendrian zu verfallen. Sie
haben sich meist mit kärglichen Mitteln ihre Bildung
erkämpfen müssen; kurze Jahre in oft unzulänglichen
Schulen unterwiesen, kleben sie an der Manier, mit
der sie ihre ersten Erfolge errungen und ihr erstes
Honorar verdient haben; darauf angewiesen, das
eben Erlernte im hastigen Geschäftsleben auszu-
nutzen, büssen oft auch die Besten in wenigen
Jahren die Kraft ein, die Natur ohne Stilbrille zu
sehen und an ihren eigenen Arbeiten Kritik zu
üben. Auch hier kann bisweilen ein einsichtiger
und unnachsichtiger Kunstfreund Gutes stiften.
Will man für die echte Kunst ein Weiteres
^ — w ------- — -.-.«.üufc, WilJL TT WltWlC
Jahren eingeführt und durchgeführt hat. Eine oder thun, so begnüge man sich nicht damit, eine Zeich
<L 269 D
Form des Mittelalters zu zwängen. Mag es schwer
sein, für ein solches Sinnbild gemeingültige moderne
Formen zu finden: in den Bücherzeichen darf der
Erfinder zunächst einmal frei schalten. : Sie könnten
zum Versuchsfeld für eine zeitgemässe Heraldik
werden. Wenn Geist und Kunst sich einen, dürfen
wir hier zuerst moderne Eigenzeichen erwarten.
Ein charakteristisches Motiv, charakteristisch ver-
arbeitet, — das kann ein Zeichen abgeben, so deut-
lich, sprechend und unvergesslich wie nur irgend
ein altes Wappen. Aber es gehört ein ganzer
Künstler dazu, um ein solches
Ganzes zu schaffen.
Mir scheint das schöne
Symbol, das O. Hupp für Dr.
Friedrich Schneider gezeichnet
hat, solch ein modernes
Wappen. Ebenso Klingers herr-
liche Blätter für Fritz Gurlitt.
Das meiste dieser Art hat
Joseph Sattler geleistet. Die
markigen Köpfe für F. C. Haupt
und A. Rau; der krähende Hahn
in dem Spruchband: Evigila et
tecum esto; die gefesselte Eule
für Gustav Ad. Müller; die
Halbfigur mit den Messwerk-
zeugen in dem runden Bande;
selbst die viel missbrauchten
Motive der Bücher und des
Monogramms, so schlagend
verwertet wie für A. Rau oder
Wolfgang Mecklenburg; ja ein
einfaches Schriftband fast ohne
jede Zuthat, aber so eigen ge-
fügt, dass es sich beim ersten Blick unverlierbar
einprägt; diese alle und manche anderen sind echt
moderne Eigenzeichen, völlig geeignet, die heral-
dische Tradition da zu ersetzen, wohin sie nicht
mehr gehört.
Die Engländer gehen unabhängig davon auf
ähnlichem Wege. Auch sie haben ihren heral-
dischen Stil, wie ihn etwa Sherborn vertritt, ein
Stecher von erstaunlichem Fleiss, doch in der
Zeichnung den deutschen Heraldikern nicht ge-
wachsen. Für die freiere Erfindung haben die
tüchtigsten dekorativen Künstler, Walter Crane u. a.,
ihr Talent eingesetzt. Beherrscht aber wird die
heutige Mode von dem eigenartigen und höchst
anmutigen Stil, den Robert Anning Bell in ^venigen
R • ANNING BELL
mehrere Gestalten, meist schlanke Mädchen in
griechischer oder heutiger Tracht, lesend, musi-
zierend, ruhend; leichte Rahmen, hie und da im
Blumenschmuck; die Zeichnung in Umriss, nur
gelegentlich ein Stückchen dunklen Grundes; das
Ganze von zarter und doch sicherer Wirkung, aus
einem Gedanken und aus einer Hand. Daher
können auch diese Gestalten als Eigenzeichen gelten;
sie sind unvergesslich und unnachahmlich trotz der
breiten Masse dilettantischer Nachahmer, die sich
an R. A. Bell gehängt haben; auch dies ist ein Weg
zur modernen Heraldik.
Unter den vielen Kräften,
die sich neben diesem Künstler
heute in England am Ex-libris
versuchen, meist in der dort
beliebten symbolischen Art,
der ein tüchtiges Stück Manier
anklebt, scheint sich bisher
keine ganz starke Persönlichkeit
zu finden. Aber die Nachfrage
ist dort so lebhaft, dass jeder
Tag einen neuen Mann bringen
kann. Das Interesse, das die
englische Gesellschaft dem Ge-
brauch der Bücherzeichen ent-
gegenbringt, erbitten wir auch
von unseren deutschen Kunst-
freunden. Hier ist eine so
günstige Gelegenheit,umKünst-
ler für unsere dekorative Kunst
zu gewinnen, deren einfachste
Begriffe ja vielen, die sich
Künstler nennen, so fern liegen.
Es ist eine Gelegenheit anderer-
seits, um auch solche Talente,
die den Weg des Kunstgewerbes gegangen sind, für
echte Kunst zu erziehen. Für diese Talente liegt die
Gefahr so nahe, in den Schlendrian zu verfallen. Sie
haben sich meist mit kärglichen Mitteln ihre Bildung
erkämpfen müssen; kurze Jahre in oft unzulänglichen
Schulen unterwiesen, kleben sie an der Manier, mit
der sie ihre ersten Erfolge errungen und ihr erstes
Honorar verdient haben; darauf angewiesen, das
eben Erlernte im hastigen Geschäftsleben auszu-
nutzen, büssen oft auch die Besten in wenigen
Jahren die Kraft ein, die Natur ohne Stilbrille zu
sehen und an ihren eigenen Arbeiten Kritik zu
üben. Auch hier kann bisweilen ein einsichtiger
und unnachsichtiger Kunstfreund Gutes stiften.
Will man für die echte Kunst ein Weiteres
^ — w ------- — -.-.«.üufc, WilJL TT WltWlC
Jahren eingeführt und durchgeführt hat. Eine oder thun, so begnüge man sich nicht damit, eine Zeich
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