zusammengeschmolzen. Da leuchten und stechen uns die
seidenen, flimmernden und schimmernden Farben Japans ins
Auge, wir sind in einer "Welt der Koketterie und des Flirts, des
Lächelns und des Knixens. Aber auf einmal wirft der Dichter
die Palette beiseite und setzt ganz andre, fremdartige Töne in
sein Gemälde hinein: jene grauen, nasskalten Nebel- und Ge-
spensterfarben, mit denen uns die durch und durch nordisch-
germanische Dichtung des französischschreibendenMaeterlinck
bekannt gemacht hat. Doch die schlotternden Lemuren, die
novemberkranken, winterschlafmüden Schattengestalten Mae-
terlincks sprechen dann plötzlich wieder die Heroen- und
Uebermenschensprache Nietzsches, die Sprache eines Geistes,
der aus der Welt des römischen Klassizismus, Montaignescher
Skepsis und Vernunftaufklärung, aus der nebelfreiesten aller
"Welten hervorging. Und da wird es schwer, den Dichter
in seinen Zickzackzügen zu verfolgen."
Also auch hier Ansätze zu einem Neuen, aber keine Durch-
führung, keine Klarheit, kein festes Zielstreben. Und die An-
sätze bedeutsamer im allgemein Dichterischen, als gerade im
Dramatischen. Keine der Erscheinungen, die uns die Spielzeit
vor Augen geführt hat, spricht dafür, dass ein neuer Frühling
des Dramas hereingebrochen ist, dass die Epoche, die zunächst
vor uns liegt, litterarisch vom Drama beherrscht werden wird.
Straft die Entwicklung mich Lügen, — um so besser. Es
wird mir eine Freude sein, mich geirrt zu haben.
Heinrich Hart
€ 306 B
seidenen, flimmernden und schimmernden Farben Japans ins
Auge, wir sind in einer "Welt der Koketterie und des Flirts, des
Lächelns und des Knixens. Aber auf einmal wirft der Dichter
die Palette beiseite und setzt ganz andre, fremdartige Töne in
sein Gemälde hinein: jene grauen, nasskalten Nebel- und Ge-
spensterfarben, mit denen uns die durch und durch nordisch-
germanische Dichtung des französischschreibendenMaeterlinck
bekannt gemacht hat. Doch die schlotternden Lemuren, die
novemberkranken, winterschlafmüden Schattengestalten Mae-
terlincks sprechen dann plötzlich wieder die Heroen- und
Uebermenschensprache Nietzsches, die Sprache eines Geistes,
der aus der Welt des römischen Klassizismus, Montaignescher
Skepsis und Vernunftaufklärung, aus der nebelfreiesten aller
"Welten hervorging. Und da wird es schwer, den Dichter
in seinen Zickzackzügen zu verfolgen."
Also auch hier Ansätze zu einem Neuen, aber keine Durch-
führung, keine Klarheit, kein festes Zielstreben. Und die An-
sätze bedeutsamer im allgemein Dichterischen, als gerade im
Dramatischen. Keine der Erscheinungen, die uns die Spielzeit
vor Augen geführt hat, spricht dafür, dass ein neuer Frühling
des Dramas hereingebrochen ist, dass die Epoche, die zunächst
vor uns liegt, litterarisch vom Drama beherrscht werden wird.
Straft die Entwicklung mich Lügen, — um so besser. Es
wird mir eine Freude sein, mich geirrt zu haben.
Heinrich Hart
€ 306 B