hagens „Pall Mall Budget" an. Das Karnat ist weiss
(das ausgesparte Papier); Kleid, Schirm und Lippen
bestehen aus ein und demselben Rot; die Model-
lierung ist mit Hülfe eines schwarzen Steins kaum
mehr als angedeutet; im Hintergrund ein dekora-
tiver gelber Fleck, der keine Erklärung zulässt.
Etwas unnaturalistischeres lässt sich nicht gut denken.
Durch die vornehme Auffassung, die glückliche
Wahl der Farben und die monumentale Grösse,
die durch diese Vereinfachung erreicht wird, wirkt
das Plakat ungewöhnlich stark. Aehnlich stilisiert
sind die Arbeiten des Aubrey Beardsley und einige
neuere Plakate von Hardy.
Wenn sie auch nicht den
pikanten Reiz, den Zug
eines Toulouse-Lautrec
besitzen, so sind sie doch
nicht minder wirkungsvoll.
Denn durch die einfachen
grossen Formen und
klaren Farben tragen sie
auf grosse Entfernung.
Bei den Plakaten der
schottischen Akademien
tritt die Farbe gegenüber
der Linienstilisierung in
den Hintergrund.
Das bedeutendste auf
diesem Gebiet haben in
England zwei Künstler,
Pryde und Nicholson, die
sich „Brothers BeggarstafF"
nannten, geleistet. Sie sind
in der Vereinfachung, in
der Stilisierung so weit
gegangen, wie man über-
haupt gehen kann: sie
geben die Kontourplatte und die eigentliche Model-
lierung ganz auf. Ihre Figuren stehen als Silhouetten
in i bis 3 Farben vor uns, manchmal nur sind Schatten
in grossen Flecken angegeben. Die BeggarstafF-
Plakate sind immer in grossen Dimensionen gehalten
und auf die grössten Entfernungen berechnet..
Sie wirken noch, wenn man sie überhaupt nur
sehen kann. Ausser Hamlet und Kassama, sind
„A trip to China-town", Don Quixote, Becket (diese
drei für Theatervorstellungen als Anzeigen dienend)
und besonders Harper's Magazine hervorzuheben.
Letztgenanntes Plakat ist ein Meisterwerk ersten
Ranges. Neben der Schrift steht ein Yeoman of
the Guard in der bekannten roten Uniform, wie
man sie heute noch im Tower sieht. Diesen Mann
WHnN MÜARTS
H
stellen sie vor einen Hintergrund von eben der-
selben roten Farbe, und können infolge dessen
auf der ganzen Lichtseite rechts den Kontour aus-
lassen. Es ist wunderbar, wie es ihnen gelingt die
Figur bei dieser mehr als lückenhaften Angabe so
zu zeichnen, dass wir sie in ihrer ganzen plasti-
schen Rundung zu sehen vermeinen. Einen besseren
Einfall hat Lautrec auch nicht gehabt, und hier
that's der Einfall allein nicht, er musste durch
meisterhaft sicheres Zeichnen unterstützt werden.
Noch ein drittes Land hat im neuen Plakat Erfolge
zu verzeichnen: Amerika.
Auch hier hat man eine
besondere Lösung der
Aufgabe gefunden.
In Amerika hatte das
Bilderplakat eine unge-
heure Verbreitung gehabt.
Die Aufgabe aufzufallen
wurde sehr früh schon
durch das grosse Format
gelöst und man konnte
da Plakate von 3 Meter
Höhe und 10 Meter
Breite sehen, die Base Ball
Games, BufFallo Bill, Cir-
kus, Theater u. s. w. an-
zeigen. Die Unterlagen
für die Komposition be-
standen meist aus photo-
graphischen Aufnahmen
oder getreuen trockenen
Skizzen nach der Natur.
Mit der Zeit merkten die
bradley Auftraggeber infolge der
Konkurrenz, dass durch
diesen Realismus und bloss durchs Format die
Wirkung nicht länger zu erreichen war. Wo alles
gross und realistisch, d. h. nicht individuell ist,
kann das Einzelne nicht mehr auffallen. Dies konnte
man wieder erlangen, indem man sich Arbeiten von
Künstlerhand bestellte, und darauf hatte schon
Europa hingewiesen. Nun hatte man ja auch die
Konkurrenz nicht zu fürchten; denn wenn auch
jeder zum künstlerischen Plakat griffe, so würden
die einzelnen Plakate doch noch auffallen, weil eines
Künstlers Werk immer von dem eines anderen ab-
sticht, während die Photographie, die genau zu
kopieren sucht, immer das Gleiche hervorbringt.
Es scheint, dass drüben die Bewegung nicht
von den Künstlern, sondern von den Auftraggebern
€ 335 »
(das ausgesparte Papier); Kleid, Schirm und Lippen
bestehen aus ein und demselben Rot; die Model-
lierung ist mit Hülfe eines schwarzen Steins kaum
mehr als angedeutet; im Hintergrund ein dekora-
tiver gelber Fleck, der keine Erklärung zulässt.
Etwas unnaturalistischeres lässt sich nicht gut denken.
Durch die vornehme Auffassung, die glückliche
Wahl der Farben und die monumentale Grösse,
die durch diese Vereinfachung erreicht wird, wirkt
das Plakat ungewöhnlich stark. Aehnlich stilisiert
sind die Arbeiten des Aubrey Beardsley und einige
neuere Plakate von Hardy.
Wenn sie auch nicht den
pikanten Reiz, den Zug
eines Toulouse-Lautrec
besitzen, so sind sie doch
nicht minder wirkungsvoll.
Denn durch die einfachen
grossen Formen und
klaren Farben tragen sie
auf grosse Entfernung.
Bei den Plakaten der
schottischen Akademien
tritt die Farbe gegenüber
der Linienstilisierung in
den Hintergrund.
Das bedeutendste auf
diesem Gebiet haben in
England zwei Künstler,
Pryde und Nicholson, die
sich „Brothers BeggarstafF"
nannten, geleistet. Sie sind
in der Vereinfachung, in
der Stilisierung so weit
gegangen, wie man über-
haupt gehen kann: sie
geben die Kontourplatte und die eigentliche Model-
lierung ganz auf. Ihre Figuren stehen als Silhouetten
in i bis 3 Farben vor uns, manchmal nur sind Schatten
in grossen Flecken angegeben. Die BeggarstafF-
Plakate sind immer in grossen Dimensionen gehalten
und auf die grössten Entfernungen berechnet..
Sie wirken noch, wenn man sie überhaupt nur
sehen kann. Ausser Hamlet und Kassama, sind
„A trip to China-town", Don Quixote, Becket (diese
drei für Theatervorstellungen als Anzeigen dienend)
und besonders Harper's Magazine hervorzuheben.
Letztgenanntes Plakat ist ein Meisterwerk ersten
Ranges. Neben der Schrift steht ein Yeoman of
the Guard in der bekannten roten Uniform, wie
man sie heute noch im Tower sieht. Diesen Mann
WHnN MÜARTS
H
stellen sie vor einen Hintergrund von eben der-
selben roten Farbe, und können infolge dessen
auf der ganzen Lichtseite rechts den Kontour aus-
lassen. Es ist wunderbar, wie es ihnen gelingt die
Figur bei dieser mehr als lückenhaften Angabe so
zu zeichnen, dass wir sie in ihrer ganzen plasti-
schen Rundung zu sehen vermeinen. Einen besseren
Einfall hat Lautrec auch nicht gehabt, und hier
that's der Einfall allein nicht, er musste durch
meisterhaft sicheres Zeichnen unterstützt werden.
Noch ein drittes Land hat im neuen Plakat Erfolge
zu verzeichnen: Amerika.
Auch hier hat man eine
besondere Lösung der
Aufgabe gefunden.
In Amerika hatte das
Bilderplakat eine unge-
heure Verbreitung gehabt.
Die Aufgabe aufzufallen
wurde sehr früh schon
durch das grosse Format
gelöst und man konnte
da Plakate von 3 Meter
Höhe und 10 Meter
Breite sehen, die Base Ball
Games, BufFallo Bill, Cir-
kus, Theater u. s. w. an-
zeigen. Die Unterlagen
für die Komposition be-
standen meist aus photo-
graphischen Aufnahmen
oder getreuen trockenen
Skizzen nach der Natur.
Mit der Zeit merkten die
bradley Auftraggeber infolge der
Konkurrenz, dass durch
diesen Realismus und bloss durchs Format die
Wirkung nicht länger zu erreichen war. Wo alles
gross und realistisch, d. h. nicht individuell ist,
kann das Einzelne nicht mehr auffallen. Dies konnte
man wieder erlangen, indem man sich Arbeiten von
Künstlerhand bestellte, und darauf hatte schon
Europa hingewiesen. Nun hatte man ja auch die
Konkurrenz nicht zu fürchten; denn wenn auch
jeder zum künstlerischen Plakat griffe, so würden
die einzelnen Plakate doch noch auffallen, weil eines
Künstlers Werk immer von dem eines anderen ab-
sticht, während die Photographie, die genau zu
kopieren sucht, immer das Gleiche hervorbringt.
Es scheint, dass drüben die Bewegung nicht
von den Künstlern, sondern von den Auftraggebern
€ 335 »