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Für die Münchener Schule war es denn auch ein Glüch daß sich gleich
zu Anfang des Jahrhiniderts eine gute Anzahl solcher Naturalisten schon bildete,
ehe die Romantik zur Herrschaft gelangte. — Ja, sie füllen neben den Langerfchen
Akademikern, fich nnr mühsam von deren Traditionen losreißend, fast die ganze
Regiernngsperiode des Königs Max Joseph aus uud zeigen da zuerst den Weg zn
der hente herrschenden nationalen Kunst. — Offenbar wirkte die vollständige Ent-
haltsamkeit von allen litterarischen Genüssen, die in München nicht nur mnter den
Kiinftlern herrfchte und die einen so grellen Gegensatz zur norddeutschen Vielleserei
bildete, außerordentlich fördernd für die Entstehung einer frischen und naiven, aus
dem ewigen Jungbrnnnen der Natur schöpfenden Richtung. Dazu kamen unzweifel-
hast Einwirkungen der englischen Schnle, die unter Hogarth zuerst diesen Weg ein-
geschlagen, dann Chodowieckis, der es in Berlin that; doch sind sie nicht hänfig nach-
zuweisen. Um so bestimmter
ist das von dem mit Max
Josephs Regierungsantritt
und Montgelas' realistischem
Wirken überhaupt eintreten-
den Aufschwunge des bayeri-
schen Lebens zu behaupteu.

Vorab von der nngeheueren
Anregung, welche die bestän-
digen Kriege durch ihre
Schicksalswechfel nnd ergrei-
fenden Katastrophen gaben.

Da bildete sich, zunüchst um
dem Bedürfnis nach bild-
licher Darstellung der Zeit-
geschichte zu genügen, eine
Art volkstümlicher Kunst
aus, wie sie etwa den heutigen illnstrierten Zeitungen entspricht, die ihre Hauptsitze
in Nürnberg nnd Angsbnrg hatte und ganz Deutschland mit Darstellungen der
Kriegsereignisse, Zeitbildern, Karikaturen n. dgl. überschwemmte.

Aus diesen Werkstätten ging eine ganze Anzahl von begabten Künstlern hervor,
so aus den Künstlersamilien Rugendas, Kleemann nnd Glauber, dann Joh.
Mich. Voltz^ (geb. l784 in Nördlingen, f 1858 ebendortß ein leichtes und glück-
liches Talent, dessen zahllose Jllnstrationen, Schlacht- oder sonstige Zeitbilder ihn
in ganz Deutschland bekannt machten. Viele Einfliisse von Chodowiecki und Ramberg
zeigend in seinen zahlreichen Kostümbildern, hat er in den größeren Kompositionen
wie z. B. in der „Kulturgeschichte des Menschengeschlechts" viel Ähnlichkeit mit Retzsckp
in der noch ganz antikisiereuden Formbehandlung, die ihn wie alle anderen Jllnstra-
toren von 1800—1830 charakterisiert, und die sie an genaner Beobachtung des Jn-
dividuellen und Charakteristischen ausfallend hindertz da man in allen ihren Figuren
das antike Schema immer wieder dnrchfühlt. Ebensv charakteristisch sür diese Zeit
ist der sentimentale Zug, eine sonderbare Mischung der ürgsten Philisterhaftigkeit mit
einem gewissen weinerlichen, rührseligen nnd Biedermeherischen Wesen. Man glaubt
vor diesen Menschen immer Kotzebue und Jffland zu hören oder Mathisson bei den

Pccht, Gcschichte der Münchencr Kunst. 3

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