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nur mit Vorsicht zu verwenden waren, versteht sich von selbst.
So mußte infolge der unzuverlässigen Antworten bald auf die
Frage nach der Zahl der Kinder verzichtet werden.
Von Seiten der Wirte fand die Enquete freundliche Aufnahme,
wenn auch viele mit der Ansicht nicht zurückhalten konnten, daß
die Lage der Kellnerinnen nicht gebessert werden könne.
I. Neueste Entwicklung des Kellnerinnen wesens.
Sieht man von jenen bald da, bald dort erscheinenden Zeitungs-
artikeln über das Kellnerinnenwesen ab, die geschrieben werden,
um das Publikum auf besonders scharf hervortretende Schäden
aufmerksam zu machen, und die dann schnell wieder in Vergessen-
heit geraten, so war es Ihering2), der sich zuerst mit den Kell-
nerinnen beschäftigte. Seine Arbeit über das Trinkgeld gibt uns
nicht nur eine juristische Behandlung der Frage, sondern auch
eine Darstellung der moralischen Folgen der Trinkgeldsitte für
die Angestellten im Wirtsgewerbe. Ihm ist es zu verdanken, daß
sich auch die oberen Kreise, die sich bis dahin fast gar nicht
um die Lage der Kellner und Kellnerinnen gekümmert haben,
begannen, sich für das Problem zu interessieren. Diek'olge seiner
Arbeit waren daher das Erscheinen einer Menge von Flugschriften
und Artikeln, sowie die ersten Versuche, trinkgeldfreie Hotels zu
schaffen. Schien auch dieser Anfang den besten Erfolg zu ver-
sprechen, so vermochte es doch auch Ihering, infolge des Wider-
standes der Wirte und des größten Teiles der Kellner und Kell-
nerinnen selbst, nicht, Besserung der Verhältnisse zu erreichen.
Im Gegenteil: die sich schon damals zeigenden Bestrebungen der
Wirte, einen Teil der Lasten des Betriebes in steigendem Maße
auf die Angestellten, d. h. auf die Kellner und Kellnerinnen ab-
zuwälzen, wurden zum Teil verwirklicht, sodaß sich die Lage der
Kellnerinnen seit jener Zeit noch verschlechtert hat. — Nicht un-
erwähnt darf eine Arbeit von Schmoller3) bleiben. Er hat zu-
erst, wenn auch nicht gestützt auf statistisches Material, auf die
engen Beziehungen zwischen Kellnerin und Prostituierten hinge-
wiesen und versucht, durch eine Aenderung des § 33 der Gewerbe-
ordnung hier Wandel zu schaffen. Es sollte nämlich die Erlaubnis
zum Betriebe der Gastwirtschaft, der Schankwirtschaften jeglicher
2) R. v. Ihering. Das Trinkgeld. 3. Aufl. Braunschweig 1899.
8) Schmoller. Die Konzessionierung des Schankbetriebes in Preussen
(Schmollers Jahrbuch). 1890.
 
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