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Arbeitsbedingungen zu leiden haben, gefunden hat, blieb aber
bis heute in Deutschland meines Wissens der einzige dieser Art.
Die Sittlichkeitsvereine7) standen während dieser Zeit und
stehen auch noch heute zum größten Teil den Kellnerinnen feind-
lich gegenüber. Dagegen haben Jungfrauenvereine und Vereine
mit ähnlichen Bestrebungen, ich erinnere nur an den Verein der
Freundinnen junger Mädchen in Heidelberg, sich sehr um die
Hebung der Lage der Kellnerinnen verdient gemacht. So wurde
in Stuttgart 1900 vor allem auf Betreiben des dortigen Jungfrauen-
vereins das erste Gasthofgehilfinnenheim8) gegründet, das jedoch in-
folge verschiedener Ursachen bald wieder einging. Aber trotz
dieses anfänglichen Mißerfolges gelang es im November 1904 von
neuem ein solches Heim zu gründen und zwar dieses Mal mit
größeren Mitteln und besserer Aussicht für die Zukunft, wenn es
auch mit seinen 12 Betten nur den bescheidensten Ansprüchen
genügen kann.
2. Die geographische Verbreitung der Kellnerin.
Die Drucksachen der Kommission für Arbeiterstatistik geben
uns folgendes Bild:
(Siehe Tabellen Seite 14 .und 15.)
Wir haben also zwei große Zentren, in denen der Anteil der
Kellnerinnen besonders stark ist: das eine in Ost- und West-
preußen, das andere in Süddeutschland, wo der Anteil der Kell-
nerinnen bis zu 74,8% in der bayerischen Pfalz steigt, d. h. um
nicht weniger als 41,8% den Reichsdurchschnitt überschreitet. Die
Kellnerin hat also hier den Kellner fast vollständig verdrängt, so-
daß Kellnerbedienung nur in Hotels und Kaffeehäusern zu finden
ist und auch hier nicht ohne Ausnahmen. Zwischen diesen beiden
Zentren variiert der Prozentanteil zwischen o %in Bremen und Lübeck
und 35% in Sachsen. Auf den ersten Blick fällt die langsame Zu-
nahme nach dem Süden hin auf, die in Baden und Württemberg
plötzlich emporschnellt und in Bayern ihren höchsten Punkt er-
reicht9). Die starke Verbreitung reicht bis zur Grenze der nord-
7) Vgl. A. Henning. Denkschrift über das Kellnerinnenwesen. Im Selbst-
verläge der deutschen Sittlichkeitsvereine. Berlin.
8) Wurm. Das Heim für Gasthofgehilfinnen in Stuttgart. (Fürsorge für die
weibliche Jugend.) Berlin 1905.
9) Vgl. die graphische Darstellung auf S. 14.
Arbeitsbedingungen zu leiden haben, gefunden hat, blieb aber
bis heute in Deutschland meines Wissens der einzige dieser Art.
Die Sittlichkeitsvereine7) standen während dieser Zeit und
stehen auch noch heute zum größten Teil den Kellnerinnen feind-
lich gegenüber. Dagegen haben Jungfrauenvereine und Vereine
mit ähnlichen Bestrebungen, ich erinnere nur an den Verein der
Freundinnen junger Mädchen in Heidelberg, sich sehr um die
Hebung der Lage der Kellnerinnen verdient gemacht. So wurde
in Stuttgart 1900 vor allem auf Betreiben des dortigen Jungfrauen-
vereins das erste Gasthofgehilfinnenheim8) gegründet, das jedoch in-
folge verschiedener Ursachen bald wieder einging. Aber trotz
dieses anfänglichen Mißerfolges gelang es im November 1904 von
neuem ein solches Heim zu gründen und zwar dieses Mal mit
größeren Mitteln und besserer Aussicht für die Zukunft, wenn es
auch mit seinen 12 Betten nur den bescheidensten Ansprüchen
genügen kann.
2. Die geographische Verbreitung der Kellnerin.
Die Drucksachen der Kommission für Arbeiterstatistik geben
uns folgendes Bild:
(Siehe Tabellen Seite 14 .und 15.)
Wir haben also zwei große Zentren, in denen der Anteil der
Kellnerinnen besonders stark ist: das eine in Ost- und West-
preußen, das andere in Süddeutschland, wo der Anteil der Kell-
nerinnen bis zu 74,8% in der bayerischen Pfalz steigt, d. h. um
nicht weniger als 41,8% den Reichsdurchschnitt überschreitet. Die
Kellnerin hat also hier den Kellner fast vollständig verdrängt, so-
daß Kellnerbedienung nur in Hotels und Kaffeehäusern zu finden
ist und auch hier nicht ohne Ausnahmen. Zwischen diesen beiden
Zentren variiert der Prozentanteil zwischen o %in Bremen und Lübeck
und 35% in Sachsen. Auf den ersten Blick fällt die langsame Zu-
nahme nach dem Süden hin auf, die in Baden und Württemberg
plötzlich emporschnellt und in Bayern ihren höchsten Punkt er-
reicht9). Die starke Verbreitung reicht bis zur Grenze der nord-
7) Vgl. A. Henning. Denkschrift über das Kellnerinnenwesen. Im Selbst-
verläge der deutschen Sittlichkeitsvereine. Berlin.
8) Wurm. Das Heim für Gasthofgehilfinnen in Stuttgart. (Fürsorge für die
weibliche Jugend.) Berlin 1905.
9) Vgl. die graphische Darstellung auf S. 14.