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mittage geteilt sehen, die aber verbunden sein müßten mit einem
Beschäftigungsverbot für den Rest der Nacht.
Ein freier Sonntagvormittag zum Besuch des Gottesdienstes,
wie er von dem Verein der Freundinnen junger Mädchen für die
Kellnerinnen verlangt wurde, besteht nicht. Zwar wird von den
Wirten versichert, daß von ihrer Seite dem Besuche des Gottes-
dienstes nichts in den Weg gelegt würde, da ja an und für sich
am Sonntag Vormittag nicht viel zu tun ist. Aber die Kellnerinnen
kommen nicht darum ein. Ganz Unrecht haben die Wirte nicht;
denn der Sinn der Kellnerin ist im allgemeinen nicht so religiös,
daß es ihnen ein Bedürfnis wäre, den Gottesdienst zu besuchen
und, wenn auch wirklich einmal das religiöse Empfinden so stark
war, so wird es bald schwächer und schwächer, bis es schließlich
ganz verschwindet. Doch wäre es nur zu begrüßen, wenn der
Besuch des Gottesdienstes von den Kellnerinnen mehr gewünscht
würde, da, abgesehen davon, daß der Besuch der Kirche für viele
eine Zeit wirklicher Erholung ist, bildet gerade er ein Mittel gegen
die vollständige Versumpfung der Kellnerin.
Eine Kündigungsfrist besteht in den allermeisten Fällen gar
nicht; die Kellnerin wird angestellt und kann an demselben Tag
entlassen werden. Es hängt dieses zum Teil mit den eigentüm-
lichen Lohnverhältnissen zusammen; da kein Lohn bezahlt wird,
besteht auch keine Kündigungsfrist. Die Entlassung geschieht
einfach in der Weise, daß abgerechnet wird, und dann kann die
Kellnerin gehen. Durch die Art der Abrechnung, die am Ende
jeden Tages geschieht, wälzt der Wirt jedes Risiko des Betriebes
dem Gast gegenüber auf die Kellnerin ab; denn die Kellnerin
muß alle Speisen und Getränke am Büfett beim Empfange bar
bezahlen. Der Wirt bekommt also immer sein Geld, während er
sich nicht darum kümmert, ob auch die Kellnerin Bezahlung er-
hält, sodaß Schulden und Zechprellereien immer an der Kellnerin
hängen bleiben. Gerade über solche bewußte und unbewußte Zech-
prellereien haben Kellnerinnen viel zu klagen; denn gar manches
Mal vergißt ein Gast, wieviel er getrunken hat und er nimmt es auch
nicht genau damit, »da ja die Kellnerin Trinkgelder genug bekomme,
sodaß sie ja auch einmal ein Glas Bier verschmerzen können.
5. Einnahmen der Kellnerin.
(Gehalt und Trinkgeld.)
Gehalt oder irgend welchen Lohn bezieht die Kellnerin in
den allermeisten Fällen nicht, und wird er gewährt, dann ist er
 
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