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Petersen, Eugen
Die Kunst des Pheidias am Parthenon und zu Olympia — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.933#0070
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Das ergiebt sich schon daraus, dafs eine scharfe Scheidung des
Opfers, welches doch der ersten Kategorie, dem rite Heiligen, zu-
fiele, und des Anathemas unmöglich ist1). Eins wie das andere
wird der Gottheit zu eigen gegeben2), das eine mehr zu dauern-
dem Besitz, das andere zu augenblicklichem Genufs, gleichwie der
Gast mit Speise und Trank bewirthet, aber auch mit einem Gast-
geschenk zu bleibendem Andenken erfreut wird. Oder gehört der
Peplos, den Hekabe mit den troischen Frauen der Athena auf
den Schofs legt3), der Göttin weniger zu eigen, als das ver-
sprochene Opfer der zwölf Kühe ihr gehören würde, und der pa-
nathenäische Peplos der Athena weniger als das von derselben
Procession überbrachte Opfer? Heischen ja doch die Götter selbst
den Zehnten4) oder ein anderes Anathema ebenso gut wie ein
Opfer; und wie Kostbarkeiten, die sonst als Anathema geweiht zu
werden pflegen, auch wohl einmal verbrannt werden5) gleich dem
Opfer, z. B. der Scheiterhaufen von vergoldeten und versilberten
Sesseln, goldenen Schalen und Purpurkleidern, den Kroisos sammt
vielen Opferthieren dem Apollon verbrannte, ebenso wird noch
viel öfters ein Opfer umgewandelt in eine kunstvolle Weihegabe
zu beständigem Andenken und Wohlgefallen des Gottes, jenes mehr
barbarischem, dies hellenischem Sinne gemäfs6). Noch fast dem
Opfer gleich sind geweihte Salben, Oel oder erlegtes Wild, weiter
ab sind goldene Aehrenbündel, kunstvoller noch in Erz nachge-
bildete Opferthiere, wie der eherne Ochs vor dem Tempel des
Triptolemos, wie die zwölf Opferkühe für Athena Itonia, oder die

i) Vgl. Schoemann Gr. Alt. II, 208.

2) ävafHifiuet xai Hveiatg xai TiQOGoäoig iXäoxia&m Isoer. 10, 66. Kai Gtfi-
etv (Söhnen des Maehaon) «ra roitmv (Heilungen) Svaiag ig m Uqov xai äva-
9/;uciTa äyovaiv Pausan. 4, 30, 2; 2, 35, 8.

s) IL 6, 90. Vgl. Od. 12, 345.

*) Herod. 8, 122. Paus. 10,11,1. Vgl. die Ausdrücke fexättiv änod-voat
und (fixarivaai' ri> xadugoüv (Harpocr. S. 76) innd^ntQ i$og yv ii.lt]vtxov mg
itx&tag tav niQiyiyvofiivinv loig 9iolg xa&iegovv. Die Heiligkeit der tropaea
Vitruv. 2, 8,15.

< s) So die daiäala geheifeenen iiava am Dädalenfest, Paus. 9, 3, 4 f.

6) B. T. IV, 28 sagt, dafs ursprünglich jedes Anathema ein Dankopfer
sei, und dafs man die Erstlinge vom Bodenertrag, die man dem Stoffe nach
nicht hätte geben können, in ein dauerndes, wo möglich unvergängliches
Kunstwerk verwandelt habe.
 
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