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Petersen, Eugen
Die Kunst des Pheidias am Parthenon und zu Olympia — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.933#0153
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und von Peitho gekränzt wird. Eins jener Abzeichen, vielleicht
auch zwei zugleich, Kranz in der einen, Binde in der andern mochte
auch unsre Statue halten; nach dem Brauche älterer Darstellungen,
besonders auf Vasen, ist das Wahrscheinlichste und Schönste zugleich
eine zwischen beiden ausgebreiteten Händen gehaltene Siegerbinde ')•

Bewogen uns schon die Formen und Mafse der Nike sie durch
mehr als eine Figur von Hestia zu trennen, so läfst sich noch
andres dafür anführen. Hermes, ähnlich wie Iris, in eiligem Laufe
vorübergeneigt, Nike womöglich noch stürmischer nach der ent-
gegengesetzten Seite bewegt, würden unmittelbar bei einander ge-
stellt einen zu starken Contrast und eine Lücke in der Composition
abgeben, welche auch durch Nike's Flügel sich nicht füllen liefse.
Ich vermuthe also eine vermittelnde Zwischenfigur, die vorläufig
noch nicht näher zu bestimmen ist.

Der andre Torso (H) gehört dem Hephaistos2). Es ist nur
der nackte männliche Rumpf von kräftigen Formen, an dem von
Hals und Armen grade nur so weit Ansätze erhalten sind, dafs
sie die sehr ausgeprägte Bewegung und damit die Bedeutung des
Hephaistos sicher stellen3). Beide Arme waren stark gehoben, und
der Oberkörper lehnt sich ganz auf die linke Seite zurück, so dafs
die Stellung mit gespreizten Beinen, das Zurücktreten vom rechten
auf den weit zurückgesetzten linken Fufs sich erkennen läfst. Das
Motiv kehrt in einer Reihe von Vasenbildern wieder4), welche
Athena's Geburt darstellen, dabei Hephaistos, von der wunderbar
überraschenden Wirkung seines Schlages betroffen, mit starkem
Schritt zurücktretend, noch gehoben die Arme mit der Axt, die
den Schlag gethan.

') So Lloyd, der für die Befestigung der Tänie einen Metallzapfen am
1. Oberschenkel in Anspruch nimmt.

s) Grade Euripides (Ion 452) mit seiner Neigung zum Besondern und
zur Theokrasie (Möller, Euripides deorum popularium contemtor, S. 39, 41)
würde mich am wenigsten bewegen, statt des Hephaistos den minder popu-
lären Prometheus einzusetzen. Sollte da Hephaistos etwa ganz fehlen in der
Götterversammlung, der Prometheus fremd ist?

3) Friederichs, Baust. S. 143, freilich, dem Michaelis D. P. S. 171 und 175
fast beistimmt, meint, der Gott erhebe vor Staunen die Arme. Für einen Satyr
wäre so lebhaft ausgedrücktes Staunen passend, für einen Pheidiassischen Gott
niemals.

4) Nach Benndorf a. a. 0. in allen Darstellungen. An diesen Sinn der
Stellung scheint Gerlach, Philologus 1872 S. 378, nicht gedacht zu haben.

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