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Petri, Grischka; Strindberg, August
Der Bildprozeß bei August Strindberg — Köln: Seltmann & Hein, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.75392#0130

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[ Kapitel 7] Malerei, ein Essay und der Zufall des Skogssnuvismus

Ich kann meinen Gegenstand nicht fixieren; er bewegt sich verworren und wankend,
in einer natürlichen Trunkenheit. Ich greife ihn an irgendeiner Stelle, so wie er gerade ist,
in dem Augenblick, in dem ich mich mit ihm abgebe. Ich male nicht das Sein,
ich male den Wechsel.
— Montaigne
Den »rekursiven Schritt< vollzieht Strindberg 1894 in der Malerei mit seinen
Bildern aus Dornach (Österreich) und Paris. Er benutzt dabei zwei Stränge,
die ineinandergreifen: den gegenstandsorientierten und den alchemistischen.
Ersterer läßt sich an die »symbolistische« Ferkel-Avantgarde anschließen, letz-
terer an Strindbergs transformistische Naturphilosophie. Beide führt er in der
»Inferno-Phase« zusammen. Voranzuschicken ist noch etwas über die äußeren
Umstände der Bildproduktion in Dornach - dies waren nämlich die so-
genannten »anderen« von Strindbergs zweiter Ehefrau Frida. Sie erinnert sich:
»Es begann die allerschönste Zeit in unserem Zusammenleben.«1 Dies nur als
weitere Korrektur für die Behauptung, Strindberg habe nur in Krisen gemalt,
die natürlich auch im idyllischen Dornach nicht völlig aus der Welt waren. So
fühlte sich Strindberg gedemütigt, weil er, wie üblich etwas finanzschwach,
sich von seinen neuen Schwiegereltern »aushalten« lassen mußte. Andererseits
streifte er durch die Natur, machte weiterhin seine Experimente, verstärkt bo-
tanische, schrieb zunächst keine »Literatur« im engeren Sinne, sondern -
malte, und zwar teilweise mit einer auffällig »freundlichen« Farbpalette.

Mein Zufall ist mehr ich selbst als ich selbst. — Paul Valery
1. Der alchemistische Ausgangspunkt
und der Künstler als Hindernis

-> Abbildung 40 und 41

Auch in der Malerei wollte Strindberg so viel wie möglich von der Dynamik
der Natur auffangen und wiedergeben. Seine alchemistisch geprägten Gemäl-
de, in denen die elementaren Gegensätze zu einer monistischen materia
strindbergiana verschmolzen sind, schaffen dies insoweit, als diese materia
der kosmischen Ursuppe entspricht. Dies deckt sich mit dem Erscheinungs-
bild der Coelestographien, die eine ähnliche All-Over-Struktur aufweisen.
Der Unterschied liegt darin begründet, daß in der Alchemie etwas (logisch

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