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Brandt, Annalena [Hrsg.]; Hefele, Franz [Hrsg.]; Lehner, Hanna [Hrsg.]; Pfisterer, Ulrich [Hrsg.]
Pantheon und Boulevard: Künstler in Porträtserien des 19. Jahrhunderts, Druckgrafik und Fotografie — Passau: Dietmar Klinger Verlag, 2021

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Essays
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Thimann, Michael: Private Öffentlichkeit. Gedruckte Künstlerbilder, Gruppenbildnisse und Porträtserien in der Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.70035#0074
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Michael Thimann

Private Öffentlichkeit. Gedruckte Künstlerbilder,
Gruppenbildnisse und Porträtserien in der Romantik

Küchlers Kanon
Als der Zeichner Carl Gotthelf Küchler in den 1830er Jahren begann, die von ihm ge-
zeichneten Bildnisse der berühmten lebenden deutschen' Künstler in Rom in Ra-
dierungen umzusetzen, war ihm vermutlich gar nicht bewusst, dass er damit auch
die wichtigste gedruckte Serie von Bildnissen der vorangegangenen Künstlergene-
ration schaffen sollte. Unter seinen Händen entstand eine eindringliche Bildnisgalerie
der in die Jahre gekommenen Klassizisten und Romantiker. Dass die Folge der Por-
träts von Beginn an wirklich als Serie gedacht war, ist jedoch zu bezweifeln. Offenbar
entstanden diese in loser Folge und aus verschiedenen Anlässen. So lieferte Küchler
die gezeichneten Bildnisse von Friedrich Overbeck und Johannes Riepenhausen
1836 für das Deutsche Künstler Album der deutschen Künstler in Rom.1 Als eben
diese Künstler ein Erinnerungsbuch begannen, steuerte Küchler die Radierungen
von Overbeck (Abb. 14), Joseph Anton Koch (Abb. 1), Johann Christian Reinhart
(Abb. 2), Bertel Thorvaldsen (vgl. Taf. 91a) und Johann Martin von Wagner (vgL
Taf. 91b) bei, die er offenbar auch im Sommer 1839 auf der Ausstellung des Kölner
Kunstvereins präsentierte. Als wirklich autonome Porträtserie wurden Küchlers
Bildnisse erst zusammengefügt, als 1839 eine erste Lieferung von fünf Porträts als
Bildnisse der berühmtesten Künstler unserer Zeit von Gustav Georg Lange in Darmstadt
herausgegeben wurde (vgl. Kat. 91).2 In dieser Auswahl fehlen wiederum die ebenfalls
als Radierungen vorliegenden Bildnisse von Johannes Riepenhausen (Abb. 3) und
dem schwedischen Bildhauer Johan Niclas Byström (Abb. 4), die vielleicht für eine
zweite Lieferung vorgesehen waren. Diese erschien jedoch nie, da sich der Verleger
von dem Projekt abwandte. So lassen sich Küchlers Radierungen als eine lockere
Folge von Bildnissen verstehen, die aber im Zusammenspiel der dargestellten Künst-
lerpersönlichkeiten die Frage nach Auswahl, Kanon und Funktion von Bildnissen
stellt.
Insgesamt wurden also sieben radierte Künstlerporträts publiziert; dazu treten
Porträts von Persönlichkeiten, die im sozialen Leben der deutsch-römischen Künst-
lerkolonie eine Rolle spielten, etwa der Arzt August Severin oder der Musikalien-
händler und Autografensammler Ludwig Landsberg. Weitere Künstler- und Archi-
tektenbildnisse von Küchler liegen nur in gezeichneter Form vor, so etwa von Carl
Robert Kummer, Georg Edmund Treitschke, Georg Jatho und Eduard Primavesi. Sie
sind Teil jener Sammlung von Bildnissen deutscher Künstler in Rom, die als Schlüssel-
dokument der Erinnerungskultur des Deutschen Künstlervereins in Rom gelten kann
und die vorgängigen Erinnerungsalben inkorporierte.3

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