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Brandt, Annalena [Editor]; Hefele, Franz [Editor]; Lehner, Hanna [Editor]; Pfisterer, Ulrich [Editor]
Pantheon und Boulevard: Künstler in Porträtserien des 19. Jahrhunderts, Druckgrafik und Fotografie — Passau: Dietmar Klinger Verlag, 2021

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Essays
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Kitschen, Friederike: Künstlerbildnisse in populärwissenschaftlichen Buchserien des 19. Jahrhunderts- drei Länder, drei Funktionen, drei Traditionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70035#0096
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Friederike Kitschen

Künstlerbildnisse in populärwissenschaftlichen Buchserien des
19. Jahrhunderts - drei Länder, drei Funktionen, drei Traditionen

Wahrhaft adäquate Selbstporträts: vom Kunsthistorischen Cyclus (1860-1865)
zu den Klassikern der Kunst (1904-1937)
„Mit einigem Widerstreben bieten wir am Schluss dieser Auswahl auch diesmal ein
Portrait des Meisters, das, apocryph wie wir selber es nennen müssen, fast nur mit
innerlichen Wahrscheinlichkeitsgründen an den Glauben unsrer Leser und Beschauer
appelliren kann."1 Es kommt nicht häufig vor, dass ein Autor die Bildauswahl seines
Verlegers kritisiert - im Buch selbst wohlgemerkt. Doch Hugo von Blomberg sah sich
in einer misslichen Lage. Sein Correggio-Album erschien 1860 als Teil einer ambitio-
nierten Buchserie (Abb. 1). Gustav Schauer, Fotograf und Besitzer des Photographi-
schen Kunst- und Verlags-Instituts in Berlin, hatte die im belletristischen Bereich
seit einigen Jahrzehnten beliebte Editionspraxis der Serie gleich aufgemachter Bücher
für die Kunstliteratur adaptiert. Er gab bis 1865 insgesamt 24 fotografisch illustrierte,
repräsentativ gebundene Alben heraus, die er stolz als Kunsthistorischer Cyclus beti-
telte.2 Die meisten widmeten sich einem einzelnen Künstler. Schauer warb damit, so-
wohl Nachbildungen der „Gemälde der größten Meister der Vergangenheit und Ge-
genwart" als auch „kunstgeschichtlich erläuternde Texte von der Hand unserer
geschätztesten Kunstgelehrten" zu bieten.3 Sein erklärtes Ziel war die Popularisierung
von Kunstgeschichte; als Adressaten hatte er gebildete bürgerliche Kreise im deutsch-
sprachigen Raum und darüber hinaus im Auge.
Mit den Texten betraute Schauer daher renommierte Berliner Kunstforscher.
Neben Museumsdirektoren, Professoren und Dozenten des noch jungen Fachs Kunst-
geschichte, wie Gustav Friedrich Waagen, Heinrich Gustav Hotho, Wilhelm Lübke,
Friedrich Eggers und Alfred Woltmann, findet man die Schriftsteller Adolf Stahr, Titus
Ullrich, Hugo von Blomberg und Ludwig Pietsch. Sie verfassten die zwölf- bis 30-sei-
tigen biografischen Einleitungen der Alben und die ein- bis zweiseitigen Bildkom-
mentare, die jede Abbildung begleiten.
Die meisten Alben enthalten zwischen zehn und 22 auf Tafeln montierte fotogra-
fische Abzüge auf Albuminpapier nach den „edelsten Meisterwerken"4. Und da Schauer
mit seiner Buchserie an die Tradition der Sammelbiografie und an ältere Vorbilder
wie Charles-Paul Landons Vies et ceuvres des peintres les plus celebres de toutes les
ecoles von 1803-1817 (vgL Kat. 3) anknüpfte, durften auch in seinen Bänden Künst-
lerbildnisse nicht fehlen.5 Damit erfüllte er den „erklärlichen Wunsch der Nachwelt"6
nach Porträts, der mit dem im 19. Jahrhundert ebenfalls stark ausgeprägten Interesse
an den Biografien außergewöhnlicher Menschen und künstlerischer Genies korrelierte.
Doch die neue Buchserie hieß nicht umsonst Kunsthistorischer Cyclus. Schauers ge-

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