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Da nach der Reformation die Pfarrer Familie hatten, die sich im Winter in den heizbaren
Stuben aufhielt, wurde ein heizbares Studierzimmer für den Pfarrer nötig. So berichtete
1587 Pfarrer Bilger über folgende Baumängel an den Bauherrn, die Heidelberger Collec-
tur. „In der Stuben, darin Pfarher studirt, mangelt ein offen. Es mangelt auch an etlich
thür vnd laden. Daß pfarrhauß und die schewer ist deckens nöttig, die Mauer vmb das
Hauß vornen vnd der Zaun hindenher ist zu bessern" [63/4a S. 19].
Da die Reparaturen sehr dringend waren, scheint die Gemeinde die Kosten vorgestreckt zu
haben. Jedenfalls tadelte 1590 die Heidelberger Collectur heftig diese Eigenmächtigkeit.
Die Collectur verwies den Pfarrer, wenn er unbedingt gebaut haben wollte, an den Kurfür-
sten selbst und warnte ihn und die Schöffen: „daß sie am Pfarrhaus nichtß zu bauen vor-
nehmen oder vßlegen" [229/96498 vom 24.11. 1590].

Nach der Eroberung Seckenheims durch die Truppen Tillys im Spätsommer 1622 wurde
neben der Kirche auch das Pfarrhaus verwüstet und diente wohl bis 1627 zeitweise dem
unerlaubten Aufenthalt des „gewesenen reformierten Pfarrers Zink". Der seit 1627 be-
zeugte katholische Pfarrer mußte ein Haus im Hunsrück mieten, da das Haus unbewohn-
bar war [Seckenheimer Wehrbuch nach K. Wolber]. So überdauerte das Pfarrhaus den 30-
jährigen Krieg.

Wie es danach aussah, zeigt eine Notiz des Kapuziners Anacletus vom 14.2.1651, nach der
der Pfarrhof offenstand, da weder Tor noch Tür vorhanden waren: „Das Pfarrhaus ist
inwendig sehr ruiniret, alß daß kein gemach noch stubben noch kammer accomidirt
(geeignet) zur auffhaltung des Pfarherrn .. fenster, tisch, benck, ofen, thür vnd bodem-
bretter" waren herausgerissen [14.2.1651 in 229/96497]. Pater Anacletus möchte wenig-
stens „eine ruinirte stub" repariert haben, „damit ich zur eussersten notturft (äußersten
Not) mich als Seelsorger daselbst, wan underweilen naß, matt vnd mühd bin, derselben
bedienen wie auch nächtliche ruwe (Ruhe) haben können."

Noch um 1660 hatte nur eine einzige Stube Fenster und war heizbar. Als die Kapuziner die
Seckenheimer Pfarrstelle innehatten, war das Haus, das eine Haustür, 2 Stubentüren, 5
Kammertüren, 11 andere Türen, 2 Stiegen und 30 Fensterläden hatte [Reparaturliste vom
31.1.1677], für einen einzelnen Mönch, der natürlich nicht an Ackerbau dachte und häu-
fig im Ladenburger Konvent erscheinen mußte, zu groß. Man nahm deshalb den Pächter
des Pfarrwittums mit seiner Familie ins Pfarrhaus, was zu einem Tadel durch den kurpfäl-
zischen Collector führte. Doch war diese Übung schon im 30-jährigen Krieg üblich gewe-
sen, als 1642 Sigmund Menges Pfarrhofbauer war [229/96476]: „ ... daß in ermeltpfarr-
hauß die Capuziner ohne einiges fragen in die untere Stubb einen Franzosen gesetzet, wel-
cher mit Dubackh (Tabak) handelt, daß ganzte hauß damit behencket, vnd also dem Hauß
wegen seinem schlechten Haushalten, wie von den Welschen gemeiniglich (bekannterma-
ßen) geschieht, kein nutze ist" [Bericht vom 26.1.1660 in 229/96475].
Bei diesem Fanzosen handelt es sich wohl um Hubert Pacquet, der bis ans Ende des 17.
Jahrhunderts als Pächter des Pfarrhofes bezeugt ist und dem wir die früheste Nachricht
vom Seckenheimer Tabakanbau verdanken. Er mußte seinen Tabak wohl im Pfarrhaus
trocknen, da „die Schewer gantz vndt schon lengst eingefallen ist". Auch mußte deshalb
der „im Pfarrhof wohnende Hofbauer" seine Frucht auf dem Speicher des Pfarrhauses
lagern [Notizen von 1678 und 1683 in 229/26475 und 497].

Erneute Schäden erlitt der Pfarrhof von„frembden Völckern" in den Kriegen von 1674
78 und 1689 - 97, ohne daß er jedoch völlig zerstört worden wäre. Seit 1705 gab es keinen
Pächter mehr auf dem Pfarrhof, da Pfarrer Löffler den Hof wieder eigenhändig in Betrieb
nahm und sehr bald auf die bauliche Vervollständigung des Hauses und der Nebengebau
de drängte. So kam es 1729/30 zum Abriß des alten Pfarrhofes, dessen Kellergewolbe

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