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Auch die beiden anderen Nennungen Seckenheimer Schultheißen hängen mit Schönauer
Erwerbungen zusammen. So tritt uns 1274 das gesamte Seckenheimer Hubgericht von 10
Mitgliedern mit dem Schultheißen Diemar an der Spitze entgegen. Zeugen waren hier übri-
gens die Schultheißen von Ilvesheim und Edingen. 1287 bezeugte ein Seckenheimer Schult-
heiß namens Gernod einen Vertrag zwischen dem Kloster Schönau und der Gemeinde
Wieblingen. Er ist von 4 „meliores villanorum" - Besseren unter den Einwohnern -
begleitet. Mit dem lateinischen Wort „meliores" — die Besseren - sind Mitglieder des
Gerichts als hervorragende Dorfbewohner gemeint.

Der Schultheiß war ursprünglich nicht Vertreter der Gemeinde, sondern hatte, wie sein
Name: der Schuldenheißer noch verrät, die Forderungen des Grundherrn gegenüber den
Hübnern zu vertreten. Er wurde vom Grundherrn ernannt, ebenso wie die Mitglieder des
Dorfgerichts, die Schöffen oder Geschworenen. Beide Instanzen gewannen sehr bald auch
den Charakter einer Vertretung des Dorfes gegenüber den Grundherren und der Ortsherr-
schaft.

Die weitere Ausbildung der Landeshoheit an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert
zeigt sich auch darin, daß das Amt des Schultheißen durch den Landesherrn verliehen
wurde und der Schultheiß eine jährliche Abgabe von seinem Amt an den Landesherrn zu
leisten hatte. Schon 1304 schenkte Pfalzgraf Rudolf I. dem Michaelskloster auf dem Aller-
heiligenberg bei Heidelberg ein Pfund Heller für Kerzen vom Schultheißenamt zu Secken-
heim [RPfRh, 1, 1500]. Das war der 20. Teil der Abgabe, die nach dem Pfälzer Zinsbuch
von 1369 20 Pfund Heller ausmachte und die damals noch eine Durchschnittsangabe dar-
stellte. Es wird ausdrücklich bemerkt, daß es weniger oder mehr sein könnten, je nach-
dem, wie man das Amt jeweils verleihen konnte [66/3480, Blatt 31].
1476 [66/3484] und 1496 wird der Ertrag des Schultheißenamts in der damals gängigen
Münze mit 20 Gulden angegeben [66/3486, Blatt 105]. Einmal festgelegte Zahlen hatten
die Tendenz, jahrhundertelang beständig zu bleiben. So legte bei der Neuordnung der
Pfalz nach dem 30-jährigen Krieg der Kurpfälzer „Hoffbereitter Andreas Karg" am
17.2.1651 die Abgabe vom „Schultheiss Ambt" wieder auf 20 Gulden fest, obwohl sich
der Geldwert in 300 Jahren mehrfach geändert hatte [229/96436].
Die Höhe dieser Abgabe bewirkte, daß dieses bedeutendste dörfliche Amt in der Regel nur
von vermögenden Bauern wahrgenommen werden konnte. So wird der Schultheiß Gernod
Rode in der Stiftungsurkunde des Heiligenguts von 1394 zehnmal und im Neuburger
Berain von 1429 [66/6560] zwölfmal als Angrenzer genannt. Dort ist er auch Mitglied des
Hermsheimer Gerichts; sein Sohn und Nachfolger im Amt Jost Rode wird in der Schät-
zung von 1439 mit der höchsten Steuer von 60 Gulden belegt, was einem ungewöhnlich
hohen Vermögen von rund 1200 Gulden entspricht. 1436 stiftete er ein Kapital von 40 Gul-
den mit einem jährlichen Ertrag von 2 Gulden Rente für den St. Nikolaus-Altar. Ebenso
war der Schultheiß Hanns Metz um 1570 der häufigst genannte Angrenzer mit 20 Nennun-
gen und damit einer der größten Grundbesitzer [66/7969].

Wie an den beiden Schultheißen Rode, die Vater und Sohn waren, zu sehen ist, blieb das
Amt häufig in derselben Familie, so daß durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder
dieselben Namen unter den Amtsträgern auftauchen. Nimmt man noch die Nachbardörfer
hinzu, dann erhält man eine ziemlich geschlossene Gruppe „schultheißenfähiger" Fami-
lien. Da von den Schöffen der Dorfgerichte Ähnliches gilt, kann man geradezu von ein
pfälzischen „Bauernaristokratie" sprechen.

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