hunderts in unserer Gegend dar. Ihr Verlust kann nur bedauert werden; denn sie erlitt in
den knapp 170 Jahren ihres Bestehens im Unterschied zu ihrer Vorgängerin keinerlei
Beeinträchtigungen durch Kriegseinwirkung weder in der Bausubstanz noch in ihrer Ein-
richtung. Es kam lediglich zu kleineren Wetterschäden (1751,1793 und 1828) an Fenstern,
Dach und Turm und zu Einbrüchen mit Diebstahl (1786 und 1847) [229/96518].
Verändert wurde sie durch den Gebrauch und schließlich 1869/70 durch einen unverstän-
digen Zeitgeist. Von den Erneuerungen des Anstrichs (1779 und 1829) abgesehen, war der
Einbau einer größeren „Bordkirche" (Empore) im Jahre 1778/79 und die sich daraus erge-
bende Notwendigkeit einer neuen Orgel der größte Eingriff.
Diese Bordkirche ging auf das Betreiben der Reformierten zurück und stieß erst auf den
heftigen Widerstand der Katholiken, die eine Verdunkelung der hinteren Fenster befürch-
teten. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten wurde schließlich die ganze Kirche innen
farblich neu gefaßt unter reicher Vergoldung. Die Kosten betrugen 685 Gulden. Die Kir-
che war nun das Schmuckstück des Dorfes und die ganze Gemeinde war stolz auf sie. Drei
Glocken hingen im Turm, und als neue Orgel wollte die Gemeinde ein hervorragendes
Instrument. Nach den Bestimmungen des Wormser Synodale, die immer noch galten, hat-
te ja die politische Gemeinde Glocken und Orgel zu zahlen.
Das Oberamt Heidelberg hielt die 1200 Gulden, die der Orgelbauer für die gewünschte
Orgel veranlagte, für „zu kostspielig in einer Dorfkirche" [29/96494]. Schließlich aber
genehmigte es der Gemeinde die Ausgabe, die bestritten werden sollte teils aus Gemeinde-
mitteln, teils aus Beiträgen der Bürger und teils aus einer im Oberamt Heidelberg zu veran-
staltenden Collecte in den „Pfälzischen Gemeinden, denen die Seckenheimer schon oft ein
Gleiches gethan." Diese Collecte unterblieb schließlich doch, weil sie „bei sowohl feillem
und schlechtem Abgang des Tabacks und Weins ganz wenig beitragen möge." Auf die
politische Gemeinde kamen am Ende 312 Gulden, so daß den Löwenanteil der Spendenei-
fer der Bürger aufgebracht hatte. Ein denkwürdiges Zeichen des Gemeingeistes beider
Konfessionen [362/1810 und 229/96494]!
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die jahrhundertealten Rechtsbindungen immer
mehr aufgelöst: So erloschen im langwierigen Prozeß der Zehntablösung am 2.11.1846
die Baulasten der großherzoglichen Domänenkammer, die als Rechtsnachfolgerin der kur-
pfälzischen Hofkammer Kirche und katholisches Pfarrhaus zu bauen und zu unterhalten
hatte. In diese Pflicht trat die politische Gemeinde ein. Als Ablösungskapital wurden 1849
für die Kirche 24112 Gulden und 41 Kreuzer und für das Pfarrhaus 2053 Gulden 56 Kreu-
zer geschätzt. Damit war ein Rechtszustand beendet, der seit über tausend Jahren bestan-
den hatte und sich von der Tatsache herleitete, daß die Seckenheimer Pfarrkirche vom
fränkischen König errichtet worden war [362/1811].
Rund 10 Jahre später geriet das zweite grundlegende Rechtsinstitut der Seckenheimer
Pfarrkirche in Bewegung, das seit 1651 geltende Simultaneum. Die Kirche war 1738 für rd.
500 Einwohner gebaut worden und somit nicht viel größer als ihre mittelalterliche Vorgän-
gerin. 1857 hatte Seckenheim bereits 2548 Einwohner, und zwar 1383 evangelische und
1165 katholische, so daß auch bei der simultanen Nacheinanderbenutzung die Kirc e
nicht mehr ausreichte. Erst wollte man wieder die Bordkirche vergrößern, was sich a e
als völlig unmöglich erwies; so wuchs auf der finanziell besser gestellten evangelischen sei
te der Gedanke, das Simultanverhältnis aufzulösen und eine eigene neue Pfarrkirche z
bauen. Am 30.7.1856 stellte die Seckenheimer evangelische Gemeinde an den Oberki -
chenrat in Karlsruhe den Antrag, die dazu notwendigen Schritte einzuleiten.
Die Zustimmung dieses Gremiums ging bereits am 10.9.1856 ein. Auf katholischer■&
war man zunächst zurückhaltend. Man erwärmte sich erst im Laufe des Winters 185
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den knapp 170 Jahren ihres Bestehens im Unterschied zu ihrer Vorgängerin keinerlei
Beeinträchtigungen durch Kriegseinwirkung weder in der Bausubstanz noch in ihrer Ein-
richtung. Es kam lediglich zu kleineren Wetterschäden (1751,1793 und 1828) an Fenstern,
Dach und Turm und zu Einbrüchen mit Diebstahl (1786 und 1847) [229/96518].
Verändert wurde sie durch den Gebrauch und schließlich 1869/70 durch einen unverstän-
digen Zeitgeist. Von den Erneuerungen des Anstrichs (1779 und 1829) abgesehen, war der
Einbau einer größeren „Bordkirche" (Empore) im Jahre 1778/79 und die sich daraus erge-
bende Notwendigkeit einer neuen Orgel der größte Eingriff.
Diese Bordkirche ging auf das Betreiben der Reformierten zurück und stieß erst auf den
heftigen Widerstand der Katholiken, die eine Verdunkelung der hinteren Fenster befürch-
teten. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten wurde schließlich die ganze Kirche innen
farblich neu gefaßt unter reicher Vergoldung. Die Kosten betrugen 685 Gulden. Die Kir-
che war nun das Schmuckstück des Dorfes und die ganze Gemeinde war stolz auf sie. Drei
Glocken hingen im Turm, und als neue Orgel wollte die Gemeinde ein hervorragendes
Instrument. Nach den Bestimmungen des Wormser Synodale, die immer noch galten, hat-
te ja die politische Gemeinde Glocken und Orgel zu zahlen.
Das Oberamt Heidelberg hielt die 1200 Gulden, die der Orgelbauer für die gewünschte
Orgel veranlagte, für „zu kostspielig in einer Dorfkirche" [29/96494]. Schließlich aber
genehmigte es der Gemeinde die Ausgabe, die bestritten werden sollte teils aus Gemeinde-
mitteln, teils aus Beiträgen der Bürger und teils aus einer im Oberamt Heidelberg zu veran-
staltenden Collecte in den „Pfälzischen Gemeinden, denen die Seckenheimer schon oft ein
Gleiches gethan." Diese Collecte unterblieb schließlich doch, weil sie „bei sowohl feillem
und schlechtem Abgang des Tabacks und Weins ganz wenig beitragen möge." Auf die
politische Gemeinde kamen am Ende 312 Gulden, so daß den Löwenanteil der Spendenei-
fer der Bürger aufgebracht hatte. Ein denkwürdiges Zeichen des Gemeingeistes beider
Konfessionen [362/1810 und 229/96494]!
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die jahrhundertealten Rechtsbindungen immer
mehr aufgelöst: So erloschen im langwierigen Prozeß der Zehntablösung am 2.11.1846
die Baulasten der großherzoglichen Domänenkammer, die als Rechtsnachfolgerin der kur-
pfälzischen Hofkammer Kirche und katholisches Pfarrhaus zu bauen und zu unterhalten
hatte. In diese Pflicht trat die politische Gemeinde ein. Als Ablösungskapital wurden 1849
für die Kirche 24112 Gulden und 41 Kreuzer und für das Pfarrhaus 2053 Gulden 56 Kreu-
zer geschätzt. Damit war ein Rechtszustand beendet, der seit über tausend Jahren bestan-
den hatte und sich von der Tatsache herleitete, daß die Seckenheimer Pfarrkirche vom
fränkischen König errichtet worden war [362/1811].
Rund 10 Jahre später geriet das zweite grundlegende Rechtsinstitut der Seckenheimer
Pfarrkirche in Bewegung, das seit 1651 geltende Simultaneum. Die Kirche war 1738 für rd.
500 Einwohner gebaut worden und somit nicht viel größer als ihre mittelalterliche Vorgän-
gerin. 1857 hatte Seckenheim bereits 2548 Einwohner, und zwar 1383 evangelische und
1165 katholische, so daß auch bei der simultanen Nacheinanderbenutzung die Kirc e
nicht mehr ausreichte. Erst wollte man wieder die Bordkirche vergrößern, was sich a e
als völlig unmöglich erwies; so wuchs auf der finanziell besser gestellten evangelischen sei
te der Gedanke, das Simultanverhältnis aufzulösen und eine eigene neue Pfarrkirche z
bauen. Am 30.7.1856 stellte die Seckenheimer evangelische Gemeinde an den Oberki -
chenrat in Karlsruhe den Antrag, die dazu notwendigen Schritte einzuleiten.
Die Zustimmung dieses Gremiums ging bereits am 10.9.1856 ein. Auf katholischer■&
war man zunächst zurückhaltend. Man erwärmte sich erst im Laufe des Winters 185
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