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Rindvieh für den Grundherren überwintern [3668]. Rinder und Pferde waren kleinwüchsi-
ge Rassen, die in Herden gehalten wurden. 7-12 Tiere umfaßte nach der salfränkischen
Ordnung eine Pferdeherde, 12-25 Tiere eine Rinderherde. Rinder hatten eine zentrale
Bedeutung für die Lebenshaltung: Milch, Butter, Käse, Leder, Hörn und Fleisch und die
Arbeitsleistung vor dem Pflug oder dem Wagen machten sie wertvoll. Ein Ochse war eine
Unze wert, so viel wie den Jahreszins für eine sehr große Wiese. Bei den Pferden unter-
schieden die Franken Ackerpferde von Reitpferden und Streitrössern. Für Herrenhuben
ist die Stellung eines Pferdes für den Verkehr im Reich und den Kriegsdienst außerhalb der
Reichsgrenzen bezeugt [3673]. Die Pferde wurden in Gestüten gezüchtet, wie für Oppau
[597] zum Beispiel angegeben ist. Überhaupt oblag den Hörigen die Viehhaltung und der
Hirtendienst. Wenn Hörige dem Kloster übereignet wurden, wurde ihr Vieh in der Regel
mitgegeben [811, 812 u.a.].

Für die Franken stand für jeden Hof die Schweinezucht und Schweinehaltung mit im Mit-
telpunkt der Viehhaltung überhaupt. Ferkel und Mutterschweine wurden in Koben, in
Hürden und auf dorfnahen eingezäunten Schweineweiden gehalten; Mastferkel, Läufer,
Sauen und Eber trieb der Schweinehirt in Herden zu 50 Stück in die „fruchtbaren Wälder"
- silvae fructuosae -. Damit sind Laubwälder, die aus Eichen und Buchen bestanden,
gemeint. Dort nährten sich die Schweine von dem, was der Laubwald bot, im Herbst vor
der Schlachtung vor allem von Eicheln, Bucheckern und Pilzen. Welche Bedeutung die
Schweinezucht für die Zeit hatte, ersieht man daraus, daß im 10. Jahrhundert allein aus
Heppenheim, Bensheim, Michelstadt und Mörlenbach dem Kloster Lorsch jährlich 149
zweijährige Schweine zu liefern waren [3663]. Ein Schwein hatte den Wert von 1 Schilling
= 12 Denaren (Pfennigen), ein Frischling von 3 Denaren.

Nicht minder wichtig als Woll- und Fleischlieferant war das Schaf. Eine Knechtshube hat-
te in Seckenheim und Kloppenheim jährlich u.a. einen Hammel im Wert von einem Dreier
= 3 Denaren zu liefern [3651]; aus derselben allerdings sehr unvollständigen Hubenliste
erfahren wir weiter, daß noch ein Huhn, 15 Eier und 15 Eimer Bier = 225 Liter, abzulie-
fern waren. Nach dieser Liste fielen aus Seckenheim und 11 Nachbarorten des Lobden-
gaus im neunten Jahrhundert für das Kloster jährlich an: 21 Hammel, 23 Hühner, 345
Eier und 263 Eimer Bier = 3.945 Liter. Wir dürfen in den Dörfern also noch zahlreiches
Geflügel, vor allem Hühner, aber auch Gänse, annehmen, obwohl diese in den Lorscher
Listen nie erwähnt werden.

Ergänzt wurde diese reiche Palette an Haustieren durch die Erträge des Fischfangs. Gera-
de die Rechte an stehenden und fließenden Gewässern waren neben der freien Deckung des
Wasserbedarfs natürlich der Fischfang [468] und auch die Fischzucht. So sind häufig
Fischteiche erwähnt wie z.B. in Edingen [686].

Der Obst- und Weinbau war von den Römern in unsere Gegend gebracht worden. In der
Karolingerzeit kannte man Äpfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen, Quitten, Pfirsiche, Hasel-
nüsse und Walnüsse. Im „capitulare de villis", dem berühmten Gesetz Karls des Großen
über die königlichen Domänen, heißt es: „die Apfelsorten heißen: Gosmaringer, Gerol-
"inger, Krevedellen, Speyeräpfel, süße und saure, durchweg Daueräpfel, ferner solche, die
m<m bald verbrauchen muß: Frühäpfel = Erntäpfel. Drei bis vier Arten Dauerbirnen,
Sffere und mehr zum Kochen geeignete und späte" [MG. LL, Cap. I Nr. 32, 70 Seite 82
•]• In den Obstgärten pfropfte und veredelte man Bäume, unter denen auch immer zahl-
reiche Bienenkörbe standen. Die Imkerei war weit verbreitet und sehr entwickelt; denn
q ™8 war der einzige Süßstoff.
er Weinbau war wie heute an der Bergstraße konzentriert. Zwar werden auch in Secken-
eim dreirnal verschenkte Weingärten genannt, doch scheint es sich um kleine Stücke von

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