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die neuen Bogen zur Ausgabe gelangen werden. Behält hiernach
die Steuerpflichtige von dem Ertrage des Geschäftsjahrs 1910
einen Teil zurück, um ihu zur Deckung der Betriebskosten eines
späteren Jahres zu verwenden, so überweist sie ihn damit einem
Reservefonds (vgl. Simon, Bilanzen der Aktiengesellschaften,
4. Aufl. S. 247 Nr. 2; F u i st i n g, Die preußischen direkten
Steuern, Bd. 1 7. Aufl. S. 297 Anm. <4 b). Die aus den Über-
schüssen des Geschäftsjahrs 1910 erfolgte Überweisung zum
Reservefonds ist nach ß 15 des Einkommensteuergesetzes steuer-
pflichtig.
In dem Erlasse vom 5. Februar 1910, II. 1056, hat der Finanz-
minister die „jährlichen Reservestellungen" für die Talonsteuer
nicht zu den steuerpflichtigen Überschüssen hinzugerechnet und
die beiden nachstehenden Fälle für gleichliegend erachtet:
1. daß der bei der Fälligkeit verausgabte Betrag als Aktivum
in die Bilanz des Fälligkeitsjahrs eingestellt und durch nach-
trägliche jährliche Amortisation getilgt wird;
2. daß durch jährliche Rücklagen mittels Einstellung eines ent-
sprechenden Betrags in die Jahresbilanzen der erst später
fällig werdende Abgabenbetrag allmählich angesammelt
wird.
Wie der Fall zu 1 zu beurteilen ist, bedarf bei der tatsächlichen
Lage des gegenwärtigen Rechtsstreits keiner Entscheidung. Da-
gegen handelt es sich hier um den Fall zu 2. Insoweit ist dem
Erlasse nicht beizupflichten. Der Erlaß ist auf Billigkeits-
erwägungen sowie darauf gestützt, daß bei den Reichstagsverhand-
lungen über die Einführung der Talonsteuer ohne Widerspruch
die Erwartung ausgesprochen worden sei, es würden die jähr-
lichen Rückstellungen zur Ansammlung des Abgabenbetrags in den
Bundesstaaten steuerfrei bleiben. Indessen dürfen Billigkeits-
erwägungen allein nicht maßgebend fein. Auch den erwähnten
„Erwartungen" ist entscheidende Bedeutung nicht beizumessen.
Vielmehr haben die Rechtsmittelinstanzen ihre Entscheidung nur
nach dem geltenden Rechte mit Ausschluß anderer Erwägungen
zu treffen.
Da es sich, wie erörtert ist, um die Rückstellung eines Teiles
des Gewinns des Jahres 1910 zur Erfüllung einer erstspäter
erwachsenden Abgabenpflicht handelt, so ist die hierin
 
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