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Ubl, Karl
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 9): Sinnstiftungen eines Rechtsbuchs: die "Lex Salica" im Frankenreich — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.73537#0227
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Wissen über das Recht der Franken im 9. Jahrhundert

Herkunft „Nordfrankreich", ohne dies weiter präzisieren zu können. Die zeit-
liche Streuung weist mit 8 Handschriften auf einen deutlichen Schwerpunkt im
ersten Viertel des 9. Jahrhunderts. Die geringe repräsentative Funktion der Ko-
dizes lässt sich auch daran ablesen, dass der lange Prolog mit seinem Lob der
Franken nur ausnahmsweise in 2 der 20 Handschriften mitüberliefert ist. Die eine
Handschrift mit Prolog stammt aus dem Italien des 10. Jahrhunderts und ist
damit in jeder Hinsicht ein Ausreißer.25 Die andere Handschrift ist insofern un-
typisch, als sie aufwendig geschmückte Initialen aufweist und die Kapitularien
Ludwigs des Frommen mit einem ganzseitigen Explicit in „großen gemalten
Majuskeln"26 beendet: Expliciunt capitula domni Clodouuici magni imperatoris que
sunt omnino custodiendi et observandi firmiter. Diese akzentuierte Aufforderung
zum Gehorsam stammt aus dem zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts und betrifft
die Kapitularien des Jahres 818/819, die hier gemeinsam mit der Lex Salica
überliefert sind. Passenderweise wurde die Handschrift am Ende des Jahrhun-
derts durch die Sammlung des Ansegis ergänzt, und zwar nur durch das welt-
liche Recht des dritten und vierten Buchs. So entstand eine umfassende Samm-
lung des weltlichen Rechts, in der Ansegis als Fortsetzung der Lex Salica figuriert.
Die vier kleinsten Handschriften sind gerade mal zwischen 135 und 150 mm
hoch. Zwei davon überliefern die Lex Salica ohne Begleittext, was sonst vor dem
Jahr 1000 nicht bezeugt ist.27 Die Vermutung liegt daher nahe, dass auch die oben
genannte Handschrift Eckhards von Mäcon sowie eine Reihe von bezeugten,
aber verlorenen Handschriften, die allein die Lex Salica überliefern, ein sehr
kleines Format hatten.28 Die dritte Handschrift enthält neben den beiden frän-
kischen Rechtsbüchern und einer Auswahl von Kapitularien vier Verzeichnisse
von Eigenleuten eines nicht näher bekannten Lantbert und war somit in Laien-
besitz.29 Der vierte Codex kombiniert das fränkische Rechtsbuch mit einigen
Kapitularien, darunter vor allem die Capitula legibus addenda Karls des Großen
und Ludwigs des Frommen.30 Zwei weitere Texte Ludwigs über die Disziplin am
Aachener Hof und über Münzprägung sind allein darin überliefert und ver-
weisen auf enge Beziehungen zum Umfeld des Kaisers. In die geistige Welt der
Elite an seinem Hof führen uns auch einige dazwischengeschobene Predigten
über Gottesfurcht, über die Vermeidung von Geiz und über das Jüngste Gericht.
Nicht unähnlich ist die wenig größere Handschrift Paris lat. 10754, wo auf die Lex
Salica und eine Auswahl an Kapitularien Karls des Großen ein biblisches Florileg
über Mörder (homicidae), Ehebrecher (fornicatores), Meineidige (periuri) und
weitere Sünder folgt.31 Diese Texte allein erlauben allerdings keinen Rückschluss

25 Bamberg, Staatsbibliothek, Bibl. 30c (Fragment). Vgl. Hoffmann, Bamberger Handschriften, S. 90
und 108.

26 Bischoff, Katalog III, S. 230 f. zu Paris, lat. 18238 (K46).

27 Paris, lat. 4789 (K51) und Paris, lat. 8801 (K29).

28 Vgl. den Überblick in http://www.leges.uni-koeln.de/mss/katalogeintraege.

29 Wolfenbüttel, Gud. 299 (K59). Vgl. Mordek, Bibliotheca, S. 945.

30 Paris, lat. 4788 (K43).

31 Eine Untersuchung des Florilegiums steht noch aus.
 
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