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Rheinische Blätter für Kunst, Literatur und Theater — 1841

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Nr. 35 - Nr. 43 (1. Mai - 29. Mai)
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Samstag, 1. Mai 1841
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Von diesen Blättern erscheinen wöchentlich zwei Nummern. Man subscribirt
sich in Mannheim bei der Redaktion des Abendblatts, auswärts durch die verehrlichen

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Postämter, und in Vierteljahrs-Lieferungen bei allen soliden Buchhandlungen. Ankün-
, digungen von Buch- und Kunsthandlungen werden die Zeile oder deren Raum mit 5 kr.
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'^beständiger Raub der furchtbarsten aller Plagen, einer unabweisli-
^^chen Langeweile; sie gesteht dieß selbst ohne^ Rückhalt ein, und
kommt in ihren geistreichen Briefen so häufig darauf zurück, daß
'^"der Leser oft nicht umhin kann, das ansteckende Gefühl zu theilen;
zu diesem Unglück gesellte sich ein anderes: sie litt an den Augen,
und ward endlich ganz blind. Nun vermochte sie nicht auch nur
einen Augenblick allein zu bleiben, ohne in Nervenzucken zu fallen,
und da sie ohnehin zwischen Tag und Nacht keinen Unterschied mehr
kannte, so blieb sie vollends die ganze Nacht auf, ließ sich von der
MS Lespinaffe vorlesen, die, nur den Pflichten der Freundschaft lebend,
E M ebenfalls erst des Morgens zu Bett begab, und Niemanden
sah, als wer in's Haus kam. Es ist fast unglaublich, daß in ih-
Hs rem Alter und mit einem Karakter begabt, wie wir ihn aus ihren
Ä späteren Briefen kennen, Julie keine Leidenschaft noch kannte, und
W! dennoch scheint es. so gewesen zu seyn. Vielleicht war auch die end-
" ' lich ausbrechende Glut nur deßhalb so heftig, weil sie so lange
unterdrückt geblieben, und Alembert war dann in der That ihre
erste Neigung. — Der große Mathematiker war viel liebenswür-
diger und mehr für den Umgang von Frauen gemacht, als viele
Leute sich einbilden mögen. Den Tag über der angestrengtesten
Arbeit hingeaeben, verließ er Abends mit der Freudigkeit eines
Schulknaben die ernste Wissenschaft. Je tiefer sein Nachdenken über
schwierige Aufgabe gewesen, um sb lustiger, toller und kindischer
zeigte er sich nun. Unbekannt mit den Formen des Umgangs der
großen Welt, mied er diese, und besuchte nur die Freunde, welche
weder an seinem Freimnth, noch an seinen geselligen Verstößen

Rheinische Blätter
für
Kunst, Literatur und Theater.

Julie von Lespinasse.
Biographische Skizze.
(Schluß.)
Bekanntlich war das Daseyn der Marquise du Deffand ein
^chen Langeweile; sie gesteht dieß selbst ohne^ Rückhalt ein, und

'^"der Leser oft nicht umhin kann, das ansteckende Gefühl zu theilen;
und ward endlich ganz blind. Nun vermochte sie nicht auch nur
einen Augenblick allein zu bleiben, ohne in Nervenzucken zu fallen,
und da sie ohnehin zwischen Tag und Nacht keinen Unterschied mehr
kannte, so blieb sie vollends die ganze Nacht auf, ließ sich von der
ÄS Lespinasse vorlesen, die, nur den Pflichten der Freundschaft lebend,
E M ebenfalls erst des Morgens zu Bett begab, und Niemanden
-II sah, als wer in's Haus kam. Es ist fast unglaublich, daß in ih-
A-» späteren Briefen kennen, Julie keine Leidenschaft noch kannte, und
 
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