Nachantike Plastik und ihre Entwicklunq.
^^^euerdings beginnt sich das Jnteresse für Plaftik
^ II mehr und mehr den mittelalterlichen Skulp-
turen zuzuwenden, und die Berechtigung dazu
wird sich immer mehr herausstellen, sobald nicht bloß
Romantik und nationaler Stolz daran beteiligt sind,
sondern die Erkenntnis, daß die mittelalterliche Plastik
ein Seitenstück zur antiken Plaftik, nur an einem
anderen Materiale, der Gewandung, sich betätigend ift.
Der Reichtum an schönen Stücken nachantiker Skulptur
demonstriert im Liebieghause des Städelschen Jnstituts zu
Franksurt a. M. die Entwicklung dieser neueren Plastik.
Ein besonderes Kapitel über die altchristliche Kunft
in Ngypten erfordern die räumlich und quantitativ eine
Abb. I. Mariam.Kind. Burgund. (Schule v.Dijon.)
Kalküein, m. Nesten v. Bcmal. Um 1400. 98om hoch.
Den neuen Beginn
eincr Kunstcntwicklung
zeigen doch erst einige
kleine Werke des ersten
der drei großen Säle,
die der neueren Plastik
rcserviert sind, inter-
essante cckige Säulcn
mit langobardischem
Bandornamcnt, eine
kleine, ganz gebundene,
säulenstumpfartige
Madonna aus Perugia,
die die Hand nicht zu
seierlicher, byzantini-
scher Gebärde erhebt,
sondcrn eine Spindel
in der Hand trägt,
Reliefö mit Figuren,
die wic die Skulpturcn
Antclamis in Parma
ganz von eng anein-
andergeführten, wie
Stege emporstehenden
Falten überzogen sind,
untcr ihncn cin sitzen-
dcr Heiliger mit merk-
würdig expressivem
Ausstützen des Kopseö,
obwobl sonst das Wc-
sen dieser archaischen
Kunst im Fehlen deö
Ausdrucks und rein or-
namentalcr oder ftreng
hicratischer Formcn-
gebung besteht, wie
einedeutscheromanische
Sitzmadonna lehrt.
Wie sich aus der
Starrheit und Gebun-
denhcit dcr romani-
schen Skulptur die Fi-
guren allmählich be-
frcicn und zu einem,
dcn besten antiken
Nacktstatuen vergleich-
Sondergruppe der Sammlung bildenden Funde der Aus-
grabungen dcs MenaS-Heiligtums, dic von dem Frank-
surter Archäologen Msgr. C. M. Kaufmann und Herrn
I. C. Ewald Falls im Auftrage der Stadt I9O5 unter-
nommen wurden. Jm Ganzen dcr Sammlung vertreten sie
dcn Übergang von cincr alt und übcrsein gewordcnen Kunst
des späten Römertums zu einer neuen, priniitiven, die
der altoricntalischen und ägyptischcn wicdcr ähnlich wird,
abcr von cincm ncu in die Geschichte cintrctendcn Volks-
ftamm, den Germanen, ausgcgriffen und fortgebildet
wird, sodaß die Streitfrage, wie weit vom Orient das
Licht dcr Kunst im Mittclaltcr dcn Gcrmancn gekommen
ift, bei diesen koptischen Skulpturen aktuell werden kann.
Abb. r.
polychrom.
Maria. Perugia.
Cnde 14. Jahrh.
Nußbaumholz,
181 em hoch.
^^^euerdings beginnt sich das Jnteresse für Plaftik
^ II mehr und mehr den mittelalterlichen Skulp-
turen zuzuwenden, und die Berechtigung dazu
wird sich immer mehr herausstellen, sobald nicht bloß
Romantik und nationaler Stolz daran beteiligt sind,
sondern die Erkenntnis, daß die mittelalterliche Plastik
ein Seitenstück zur antiken Plaftik, nur an einem
anderen Materiale, der Gewandung, sich betätigend ift.
Der Reichtum an schönen Stücken nachantiker Skulptur
demonstriert im Liebieghause des Städelschen Jnstituts zu
Franksurt a. M. die Entwicklung dieser neueren Plastik.
Ein besonderes Kapitel über die altchristliche Kunft
in Ngypten erfordern die räumlich und quantitativ eine
Abb. I. Mariam.Kind. Burgund. (Schule v.Dijon.)
Kalküein, m. Nesten v. Bcmal. Um 1400. 98om hoch.
Den neuen Beginn
eincr Kunstcntwicklung
zeigen doch erst einige
kleine Werke des ersten
der drei großen Säle,
die der neueren Plastik
rcserviert sind, inter-
essante cckige Säulcn
mit langobardischem
Bandornamcnt, eine
kleine, ganz gebundene,
säulenstumpfartige
Madonna aus Perugia,
die die Hand nicht zu
seierlicher, byzantini-
scher Gebärde erhebt,
sondcrn eine Spindel
in der Hand trägt,
Reliefö mit Figuren,
die wic die Skulpturcn
Antclamis in Parma
ganz von eng anein-
andergeführten, wie
Stege emporstehenden
Falten überzogen sind,
untcr ihncn cin sitzen-
dcr Heiliger mit merk-
würdig expressivem
Ausstützen des Kopseö,
obwobl sonst das Wc-
sen dieser archaischen
Kunst im Fehlen deö
Ausdrucks und rein or-
namentalcr oder ftreng
hicratischer Formcn-
gebung besteht, wie
einedeutscheromanische
Sitzmadonna lehrt.
Wie sich aus der
Starrheit und Gebun-
denhcit dcr romani-
schen Skulptur die Fi-
guren allmählich be-
frcicn und zu einem,
dcn besten antiken
Nacktstatuen vergleich-
Sondergruppe der Sammlung bildenden Funde der Aus-
grabungen dcs MenaS-Heiligtums, dic von dem Frank-
surter Archäologen Msgr. C. M. Kaufmann und Herrn
I. C. Ewald Falls im Auftrage der Stadt I9O5 unter-
nommen wurden. Jm Ganzen dcr Sammlung vertreten sie
dcn Übergang von cincr alt und übcrsein gewordcnen Kunst
des späten Römertums zu einer neuen, priniitiven, die
der altoricntalischen und ägyptischcn wicdcr ähnlich wird,
abcr von cincm ncu in die Geschichte cintrctendcn Volks-
ftamm, den Germanen, ausgcgriffen und fortgebildet
wird, sodaß die Streitfrage, wie weit vom Orient das
Licht dcr Kunst im Mittclaltcr dcn Gcrmancn gekommen
ift, bei diesen koptischen Skulpturen aktuell werden kann.
Abb. r.
polychrom.
Maria. Perugia.
Cnde 14. Jahrh.
Nußbaumholz,
181 em hoch.