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MARCIN WISŁOCKI

beobachtet werden. Ais Beispiel von besonderer Bedeutung waren hierfiir die den Familienmitgliedern der Freiherren von Putbus
zu Vilmnitz auf der Insel Riigen gewidmeten Epitaphien wie auch die Epitaphien der Familie von Behr in Semlow zu erwàhnen.
Die Anordnung des Epitaphs wie auch dessen Typus und entsprechende Wahl der Stoffe lieBen - laut dem Prinzip des gesellschaft-
lichen decorum - den Innenraum der pommerschen Kirche zur Visualisierung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung
innerhalb des Kirchenraums werden. Die wenigen Ausnahmen von der ausdriicklich zum Vorschein kommenden „Reglamentie-
rung" bestimmter Typen der Sepulkralmonumente scheinen nun ein Versuch zu sein, die zu Lebzeiten errungene gesellschaftliche
Position des Verstorbenen hervorzuheben. Eine der ublichen Formen der Erinnerung und Glorifikation der Stifter adeligen Standes
war die Aufhangung bzw. Aufstellung der Elemente der personlichen Riistung des Verstorbenen im Kirchenraum, was auch ais eine
Anspielung an den zur Zeit der Reformation sehr popularen Topos des miles christianus zu deuten ist. Ein erkennbares Zeichen
standischer Glorifikation stellten die zahlreichen heraldischen Programme dar, die auf den Bestandteilen der liturgischen Ausstat-
tung der Kirchen, Gestùhle und Emporen aufgebracht wurden, und die ais Nachweis der „Eigentumsrechte" des Stifters und der
stàndischen Abhangigkeit der Gemeinde galten. Die Wappenprogramme sind auch - obwohl in wesentlich kleinerem AusmaB - bei
den Stiftungen des Biirgerstandes zu finden. Der feste Wille, den eigenen Namen zu verewigen,- scheint aile stàndisch bedingten
Hindernisse weit zu iiberschreiten, worauf auch die manchmal recht langen Verzeichnisse der biirgerlichen und bauerlichen Namen
auf den von ihnen gestifteten Ausstattungselementen hinweisen. Ein bedeutendes Gebiet, in dem sich die Idee des allgemeinen
Priestertums der Glâubigen verwirklichen konnte, war das Glasgemalde.

Eben im Bestreben nach der Verewigung des Namens, des anschaulichen Bildnisses, des Geschlechts, der Erhaltung in guter
Erinnerung und der Betonung des personlichen Glaubens kann beobachtet werden, dass das Stiften eines Kunstwerkes - obwohl
es zugleich zur Verwirklichung des Postulats nach der Verkundigung des Evangeliums beizutragen hatte - keine Grundlage zur
Rechtfertigung gewesen sein konnte.

Ûbersetz von Dorota Fałkowska
 
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