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M. Lempertz' Antiquariat (P. Hanstein)
Sammlung Carl Roettgen Bonn: Werke der Holzplastik des 13. bis 17. Jahrhunderts, Mobiliar der Gotik und Renaissance, Kunstgewerbe [Versteigerung zu Köln 11., 12. und 13. Dezember 1912] — Köln, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.1275#0004
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Carl Roettgen.

Der vorliegende Katalog, der noch einmal die Schätze der Sammlung Boettgen vereinigt
zeigt, soll, auch wenn die einzelnen Stücke in alle Winde zerstreut sind, ein Dokument dieser
letzten grossen rheinischen Privatsammlung darstellen und damit zugleich das Bild des Mannes
festhalten, der fast vierzig Jahre seines Lebens auf ihre Zusammenbringung verwendet hat.

Es ist die letzte grosse rheinische Kollektion in privatem Besitz, die ihren Schwer-
punkt in der westdeutschen Kunst findet, nachdem die Sammlung Moest der vielbeneidete Besitz
des Aachener Suermondt-Museums geworden ist und nachdem Alexander Schnütgen in hoch-
sinniger Weise seine aufgestapelten Schätze der Stadt Köln übergeben hat. Die ein Jahr-
hundert ausfüllende lange Beihe rheinischer Sammler, die mit Hübsch, den Boisseree, mit
Wallraf begonnen hatte, endet in getvissem Sinne mit Carl Boettgen; es ist nicht wahrschein-
lich, dass sich noch einmal für einen Einzelnen die Möglichkeit bieten wird, eine solch erstaun-
liche Zahl von Ausstattungsgeräten und Skulpturen zu vereinigen.

Diese Sammlung, die zuletzt das ganze geräumige, von dem Eigentümer für diesen
Zweck umgebaute Haus in der Nassestrasse in Bonn vom Erdgeschoss bis in die Dachräume
anfüllte, war so sehr auch ein Spiegel ihres Schöpfers, in ihren Zielen wie in ihrer notwendigen
Begrenztheit, dass ein kurzes Lebensbild des Mannes, der ganz in diesen Dingen lebte und auf-
ging, auch billig an die Spitze dieser Veröffentlichung gesetzt werden darf.

Carl Franz Michael Boettgen war als jüngster Spross einer alten Bonner Familie am
30. September 1837 als Sohn des angesehenen Kaufmanns Franz Boettgen geboren; er hatte
bis zum fünfzehnten Lebensjahre, bis zu dem frühen Tod seines Vaters, das Gymnasium seiner
Vaterstadt besucht, dann bis zum zwanzigsten Jahre seine weitere Ausbildung in Belgien gefunden.
Die mittelalterlichen Kirchen Belgiens und die Museen Brüssels und Antwerpens hatten schon damals
ihren ersten Einfluss auf ihn ausgeübt. Den nach Bonn Zurückgekehrten umfing in dem ersten Jahr-
zehnt ganz das kaufmännische Getriebe, bis es ihm möglich war, sich aus den Geschäften all-
mählich zurückzuziehen und nun immer mehr seinen Liebhabereien zu leben. Am Ende der
sechziger Jahre war er ein begeisterter Hörer der kunstgeschichtlichen Vorlesungen gewesen,
die damals der junge Feuergeist Anton Springer an der Universität hielt; in den siebziger
Jahren war er dann einer der ersten Schüler von Carl Justi, er trat in nahe Berührung zu
jungen Universitätsdozenten, vor allem zu Carl Burger und Franz Obernier, die selbst eifrige
Sammler waren, der letztgenannte der spätere Stifter des Obernier-Museums in Bonn. Enge
Freundschaft verband ihn mit rheinischen Künstlern, vor allem mit von Wille dem
Aelteren und dem Bonner Bildhauer Albert Küppers; unter den Bonner Universitätsprofessoren
standen ihm vor allem die Mediziner Köster und Fuchs nahe.

Am 21. Mai 1870 hatte Carl Boettgen sich mit Emma Busch vermählt, die nun dem
zum Manne Gereiften die treusorgendste Gefährtin und Hausfrau ward. Sein späterer Schwager,
der Direktor der Frauenklinik an der Berliner Universität, der bis 1868 der Universität
Bonn angehörte, gab ihm die direkte Anregung zum systematischen Sammeln. Das erste Stück
seiner Kollektion war ein spätgotischer Schrank, den ihm im Jahre 1871 seine bei ihm wohnende
Schwiegermutter zum Geschenk machte. Mit seinem Schwager Schroeder unternahm er in den
nächsten Jahren ausgedehnte Studienreisen nach Spanien und Italien und Sammelfahrten nach
Westfalen und Süddeutschland. Als Carl Schroeder allzufrühe 1887 der Wissenschaft und
der. Kunst entrissen wurde und seine prachtvolle und vielbewunderte Sammlung, die sein Land-
haus in Pankow und die Bäume seiner Dienstwohnung in der Berliner Frauenklinik füllte,
in Berlin zur Versteigerung kam, übernahm Carl Boettgen verschiedene wertvolle Stücke. Durch
seinen Schwager Schroeder war der angehende Bonner Sammler auch Wilhelm Bode und Julius
 
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