Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KUNST UND MORAL

66. Sie werden sich erinnern, dass wir zu
Anfang meiner letzten Vorlesung über die drei-
fache Wirkung sprachen, welche die Künste
ausüben und nur ausüben können: Das Er-
wecken religiöser Empfindungen im Men-
schen, die Vervollkommnung seines
ethischen Wesens und den materiellen
Nutzen, den sie ihm zu geben vermögen.

Wir wollen heute die Art ihrer Einwirkung
untersuchen auf dem zweiten Gebiete: der
Vervollkommnung der ethischen oder morali-
schen Natur des Menschen.

Um Vervollkommnung handelt es sich, wohl-
verstanden, nicht um Erzeugung. Erst müssen
wir den ethischen Boden haben, bevor wir
Kunst empfinden und aufnehmen können. Ist
aber die Kunst einmal aufgenommen, so ver-
stärkt und erhöht ihre rückwirkende Kraft den
ethischen Kern, aus dem sie entsprungen, und
teilt gleichzeitig andern Gemütern, welche
schon ethisch zur Aufnahme vorbereitet sind,
ihre Freudenbotschaft mit.
 
Annotationen