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Ruskin, John
Ausgewählte Werke in vollständiger Übersetzung (Band 15): Moderne Maler (Band 5): Die Schönheit des Blattes. Über Wolkenschönheit. Über Beziehungsbegriffe — Leipzig, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.4917#0360
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CLAUDE UND POUSSIN

§ '■ Wir haben schon im vorigen Kapitel festgestellt, dass
^alvator der letzte Maler Italiens war, bei dem noch ein
Schimmer des alten gläubigen Geistes sichtbar ist. Diesen
Geist weit ins siebzehnte Jahrhundert hinein tragend, ver-
dient er eigentlich mit den Malern zusammen genannt zu
werden, die achtzig Jahre früher durch die großen Fragen
uer Reformation im innersten bewegt wurden. Nicht so
seine Zeitgenossen. Die Maler um ihn herum, besonders
"le Landschafter, hatten alle Beziehungen zum Glauben
ihrer Väter oder zu irgend einer anderen Religion weit von
sich gewiesen, und eine Schule gegründet, die sie die
»Klassische"* nannten, und deren Hauptmerkmale die fol-
genden sind.

S 2. Der Glaube an ein allgütiges höchstes Wesen war
erloschen, und das Gefühl der furchtbaren Verlassenheit
ergriff die Menschen, die um sich herum in der wirklichen
weit nur hoffnungslosen Verfall und Zerstörung sahen. So
suchten sie sich denn von dem Druck dieser Gedanken zu
befreien, indem sie sich zügellosem Sinnengenuss ergaben
Ur>d wenigstens die kurze Spanne Zeit, die ihnen hienieden

u leben vergönnt war, so angenehm wie möglich zu machen
suchten. Wozu sich mühen und plagen, wenn das alles
unbelohnt bleibt? Wozu dem Körper Entbehrungen und

eiden auferlegen, wenn nicht dadurch die Seele für ein

j n "Jen vorhergehenden Bänden wurde das Wort „klassisch" gebraucht, um
Charakter der Griechen und Römer im allgemeinen zu bezeichnen. Von
■ J1*1 %Vlrd es eine ganz bestimmte, engbegrenzte Bedeutung haben, die oben
"n T«tc erläutert wird.
 
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