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Schah Tahmasp I. soll die Stadt durch glänzende Bauten ver-
schönt haben, bis sie dann infolge des Wachstums und der
Bedeutung von Teheran mehr und mehr zurückging und verfiel.

Zitadelle

Der inmitten von Bäumen gelegene Ort Veramin macht
sich schon von weitem durch eine gewaltige Zitadelle be-
merkbar, eine quadratische aus Lehmziegeln errichtete Anlage,
deren hohen Wänden halbrunde Türme vorgelagert sind, und
die in weitem Umkreise von kleineren Türmen umgeben ist;
ein niedriger Torweg führt in das Innere. Vielleicht ist dies
Kastell identisch mit der Festung Tabarik, die im n. Jahr-
hundert gegründet und nach Jakut von dem SeldschukenTogrul II.
im Jahre 1192 zerstört worden ist.1) Derartige festungsartige
Anlagen finden sich im ganzen nordöstlichen Gebiete Persiens;
sie dienten bei den plötzlichen räuberischen Einfällen der Turk-
menen, die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts die Bewohner
der Hochebene in steter Angst hielten, als Zufluchtsstätten.
An der ganzen von Teheran nach Chorasan führenden Heer-
straße sind die Dörfer häufig festungsartig angelegt, oft wie
hier hohe Kastelle bildend. Mme. Dieulafoy2), die in ihrem
Buche Veramin eine eingehende Beschreibung widmet, möchte
hier eine ältere, noch aus sassanidischer Zeit stammende An-
lage erblicken, wofür ihr die Bauart ein Beweis ist. Die
Lehmziegel des Kastells seien hier, was bei muhammedanischen
Bauten nicht vorkäme, in feuchtem Zustande aufeinanderge-
türmt worden und bildeten deshalb eine kompakte Masse.

Imamzadeh Jahja und Grabtürme (Abb. 6<j, 66)
Von größerem Interesse als jene festungsartige Anlage sind
für den Kunstfreund ein paar mittelalterliche Bauwerke Veramins,
von denen eins, das Imamzadeh Jahja"), leider von uns nicht
eingehend untersucht werden konnte, da man uns den Eintritt
verwehrte. Der Bau (Abb. 65) besteht aus mehreren Teilen,
vor allem einem verfallenen Eingangsportal und einem acht-
eckigen Kuppelbau. Die Außenschale der niedrigen Kuppel
ist in merkwürdiger Weise treppenartig abgestuft. Innerhalb
der Umfassungsmauern sieht man dann noch ein achteckiges
Gebäude mit hohem gleichseitigen Spitzdach, das bei Mme.
Dieulafoy mit Recht die Erinnerung an das kleine Mausoleum
des Jusuf Ibn Kutaijir in Nachtschewan vom Jahre 1162 wach-
ruft. Ohne Ver-
wendung von
farbigglasierten
Fliesen besteht
die Außende-
koration des

Abb. CS. Veramin, Imamzadeh Jahja

') G. Le Strange:
The Lands of the
eastern Caliphate.
Cambridge igo5.
p. 2.7.

2) a. a, O. p. 140 ff.
Abbildung p. 143
und X. Hommaire
de Hell: Voyage en
Turquie et enPerse.
Paris i85g. PI. 93.

3) Abb. J. Dieu-
lafoy a. a. O. p. 147.

Grabturmes, soweit wir sehen konnten, aus einer Flächen-
musterung, die durch die Zusammenstellung von mehr oder
weniger stark hervortretenden Ziegeln erreicht wird, und die
für die Bauten seldschukischer Zeit des 12. Jahrhunderts
charakteristisch ist. Mehr noch wie das Äußere erregte
die Innendekoration bei der französischen Forscherin leb-
haftes Interesse. Hier sah sie die Wände, die Gebetsnische
und das Grab des Heiligen in prächtiger Weise mit kostbaren
Lüsterfayencen bedeckt. Dieser reiche Schmuck ist dem Heiligtum
erst in späterer Zeit, im Jahre 661 d. H. (= 1262 n. Chr.) zur
Zeit des Hulagu (12 5 6—65) hinzugefügt worden. Wir werden
weiter unten auf diese Fliesen zu sprechen kommen.

Wohl dem Ende des 12. oder dem Beginn des i3. Jahr-
hunderts gehört ein von uns nicht gesehener und vielleicht
schon verschwundener, achteckiger Turm an, dessen Seiten-
flächen Flachnischen zeigen, und dessen Mihrab von einer
Inschriftborte aus blauen, in den Stuck gebetteten Buchstaben
umgeben gewesen sein soll.1)

Ein zweiter Grabturm, „Minare" genannt (Abb. 66), er-
innert an den noch erhaltenen Turm von Rai (Abb. 59). Achtund-
zwanzig vorspringende Kanten umgeben hier den Zylinder, dessen
Dach kegelförmig aufsteigt, und, wie man an der Spitze noch er-
kennen kann, durch zackige Bänder gemustert war. In den
Stalaktiten, die die Kanten oben abschließen, finden sich Ein-
lagen von hellblauen Fayenceziegeln. Der Eingang, dem in
einiger Entfernung ein in Trümmern liegendes besonderes
Portalgebäude vorgelagert ist, zeigt eine rechteckig umrahmte
Portalnische mit Spitzbogentor. Das Bauwerk dürfte ebenso
wie der Turm von Rai im 12.—13. Jahrhundert errichtet
worden sein.

Masdschid Dschuma (Taf. XVIII—XIX, LIV—LVI;

Abb. 67—j))
Außerhalb des Ortes, inmitten von Feldern, liegt die Ruine
der Masdschid Dschuma von Veramin (Abb. 67). Ihre Unter-
suchung bereitet keine Schwierigkeiten, da die Moschee nicht
mehr benutzt wird. Fast die Hälfte der Anlage ist vollständig
zerstört, und die Ziegel der eingestürzten Mauern sind von den
Einwohnern fortgeschleppt worden.

Es ist ein bedeutendes Bauwerk von 66 m Tiefe und
43 m Breite, dessen Mitte ein quadratischer Hof (24,75 qm)
einnimmt (Abb.
68). An den
Grundriß der
MoscheelbnTu-
lun in Kairo er-
innernd, umge-
ben den Hof
Pfeilerarkaden,
die sich in kiel-
bogenförmigen
Tonnengewöl-
ben öffnen (Abb.
69). Dadurch,
daß die mittleren

') Abb. bei J. Dieu-
lafoy a.a.O.p. 148,149.

Abb. 66. Veramin, Grabturm

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