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Abb. 6g. Veramin, Masdschid Dschuma, Hof mit der Innenseite des Hauptportals

gelernt. Noch reicher als diese ist eine zweite, gleich breite
Umrahmung, die aber nicht durchgehend verläuft, sondern
durch schmale Borten in verschiedene Felder geteilt ist. Hier
finden wir nun zum Teil auch Felder mit ganz naturalistisch
gebildeten Blumen: vollaufgeblühten Rosen oder Päonien, die
sich von einem Gitterwerk von Zweigen und Blüten abheben.
Die ganze Dekoration ist im starken Relief auf Licht- und
Schattenwirkung hin komponiert und in ihrer Schönheit bei
künstlicher Beleuchtung ehemals wohl noch mehr zur Geltung
gekommen, als heute. Ein ostasiatischer, chinesischer Einfluß
ist in dieser Blumendekoration unverkennbar.

Entsprechend den beiden kleineren Toreingängen enthält
die Mihrabwand noch zwei weitere halbkreisförmige Nischen,
deren Stuckbekleidung Ziegelmauerwerk mit ornamentierten
Fugenzwischenräumen imitiert. Die Wandfläche über diesen

Abb. 70. Veramin, Masdschid Dschuma, Hauptportal

Nischen zeigt in Flachnischen noch
reichere Dekoration. Blaue sechs-
eckige Fliesensterne sind derart an-
einandergelegt, daß vertiefte drei-
eckige Zwischenfelder frei bleiben
(Taf. XVIII bis XIX d). In den aus
dreieckigen Fliesenstückchen am
Rande gebildeten Sternen ist dann
die Mitte in Form eines inneren
sechsstrahligen Sternes kerbschnitt-
artig gebildet, und dessen Mitte
wiederum mit einem rötlichen Stuck-
pfropfen gefüllt. Ähnlich kompliziert
ist eine kufische Schriftborte gestaltet,
die die Toröffnung an den beiden
Seitenwänden rechteckig umrahmt.
Die Buchstaben sind aus behauenen,
unglasierten Ziegeln zusammengesetzt
und heben sich in Relief von einem
Hintergrunde ab, der wiederum ein
komplizierteres Fliesenmuster zeigt
(Taf. XVIII—XIX e, Abb. 73). Kleine
hellblaue sechseckige Fliesen sind hier wieder derart mit den
Ecken aneinandergereiht, daß dreieckige Zwischenfelder übrig
bleiben; diese Zwickel aber sind hier nicht leer und vertieft
gelassen, sondern mit dunklen, kobaltblauen Fliesenstückchen
gefüllt. Die hellblauen Sechsecke sind dann wieder durch
Auskratzen der Glasur gemustert, teils durch Sterne im kleineren
Sechseck, teils durch einen graziösen Dreistrahl, der sich von
der Mitte aus in die Ecken streckt, oder durch andere polygonale
Formen geometrischer Natur.

Wir haben in der Stuckdekoration des Mihrab eine
große Verwandtschaft mit dem Mihrab von Marand kon-
statieren können, der laut einer Inschrift von dem mongo-
lischen Ilchan Abu Said (1316—1335) errichtet worden ist.
Denselben Fürsten und das Datum der Vollendung 722 d. H.
= i322 n. Chr. nennt die Torinschrift am Hauptportal unserer
Moschee. Der Inhalt zweier Inschrifttafeln
am Hofportal scheint hiermit im Wider-
spruch zu stehen. Diese Inschriften besagen,
daß die Moschee unter der Regierung des
Timuriden Schah Ruch (1404—1447) durch
seinen mächtigen Minister Jusuf Chadscha im
Jahre 815 d. H. = i4i2 n. Chr. gebaut worden
sei. Wahrscheinlich handelt es sich hier nur
um eine Wiederherstellung; denn die ganze
Dekoration des Bauwerkes trägt unzweideutig
den Charakter des beginnenden 14. Jahr-
hunderts, der Zeit Abu Saids. Hommaire
de Hell berichtet, daß die Moschee nach einer
Inschrift, die man entfernt und in einem
Imamzadeh untergebracht hätte, aus dem
Jahre i366 oder i368 stamme. Wahrschein-
lich handelt es sich hierbei um die Er-
bauung dieses Imamzadehs selbst und nicht
um eine aus der Moschee verschleppte
Inschrift.
 
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