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in den Ärmeln versteckt. In der Regel trifft man auf ineinander gelegte Arme, kläglich gebo-
gene Finger, formelhafte Bildungen. Die Hände dienen oft dem Vorweisen von Wappen-
ringen, durch die die vornehme Herkunft mancher Dargestellter ausgewiesen wird. Bei den
Handhaltungen scheint es bestimmte Regeln gegeben zu haben. So folgt die Stellung des
Händepaares beim Bildnis Friedrichs des Weisen aus der Zeit um 1522 [413] noch der Fest-
Tafel 45 legung auf dem Altarwerk in Frankfurt von 1509; Cranach selbst nahm das Motiv bei seinem
Tafel 52 Selbstbildnis auf der Tafel der Heiligen Sippe auf. [414] Es ist daher auffällig, wenn Hände in
Tafel 14 ungewöhnlichen Verkürzungen bewältigt sind, wie bei dem Gelehrtenbildnis von 1503, bei
Tafel 56 den Figuren des Dessauer Fürstenaltares, bei der Darstellung des segnenden Christus in Halb-
figur. [415] Nur wenige Hände erscheinen bildnisgetreu, wie vielleicht die Rechte des Johan-
Tafel i)} nes Carion. Das Bildnis, das der jüngere Cranach 15 50 von Lucas Cranach dem Älteren malte
Tafel 217 [416], steht weithin allein und hat auch im späteren Werke des Sohnes kein Gegenstück.

Es gibt für diesen Befund nur die Erklärung, daß die Darstellung der Hand im strengen
Sinne in das Bildnis noch nicht aufgenommen war. Solange die Hand nicht wirklich ins Bild-
nis einbezogen wird, bleibt die lebhafte Andeutung der Handlung ausgeschlossen; der ener-
gische Zug vieler Bildnisse der Zeit, etwa von Dürer, die in der physiognomischen Ausbil-
dung vielleicht unterlegen waren, fehlt daher meist. Wäre die Bedeutung der von Cranach
benutzten Formeln besser bekannt, so würden sich vermutlich noch wichtige Einblicke in die
Konvention der Zeit erschließen lassen. Die Gebundenheit durch Herkommen und Brauch
ist bei keinem Bildgegenstand greifbarer als bei den von Cranach gemalten Händen.

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DAS SELBSTBILDNIS CRANACHS

Die Kunst des sechzehnten Jahrhunderts ist eher arm an Selbstbildnissen; die dichte Reihe
von Selbstdarstellungen Albrecht Dürers läßt vergessen, daß andere bedeutende deutsche
Maler nicht vertreten sind. Das gemalte und für sich gerahmte Selbstbildnis des Künstlers war
noch kein öffentliches Anliegen. Dürers Bildnis von 1498 erhielt erst nach seinem Tode einen
Platz im Rathaus der Vaterstadt. In jedem Falle bedurfte das isolierte Hervortreten des Künst-
lers noch eines starken individuellen Antriebs. Dürers Versuche in dieser Richtung endeten
mit dem berühmten Bildnis des Jahres 1500.

Die bisher gefundenen Selbstbildnisse Lucas Cranachs zeigen den Künstler mehr oder
weniger einbezogen in die Handlung vielfiguriger Gemälde, ähnlich wie sich seine Dienst-
herren von ihm haben darstellen lassen. Auch Dürer hat sich als Assistenzfigur auf einzelnen
bedeutenden Gemälden der Zeit nach 1500 selbst gemalt. Cranach erscheint in Gestalt des
Tafeln 52, 53 Alphäus auf dem Bild der Heiligen Sippe in der Wiener Akademie [417], als Wächter mit der
Hellebarde bei der Enthauptung Johannes' des Täufers in Kremsier [418], als ein dunkler

Tafel i^o Mahner hinter dem tafelnden Holofernes auf der Geschichte der Judith in Gotha. [419] In
diesen drei Fällen steht die Gestalt mit den Zügen Cranachs links am Rande der Bilder. Sie ist
jeweils die Eingangsfigur, auf die der Blick zuerst fällt. Da die Tafeln in Kremsier und Gotha

Tafel 151 durch Gegenstücke vervollständigt werden, ist die Stellung am Anfang der Bilderfolgen sehr
auffällig. Es verbirgt sich wohl mehr dahinter als Künstlerstolz.

Die Tafel in Wien ist um 1510 entstanden, die Bilder in Kremsier und Gotha stammen aus

Seite 415 den Jahren 1515 und 1531. Rechnet man Dürers Zeichnung von 1524 in Bayonne [420] und

Tafel 217 das bekannte Bildnis von der Hand des jüngeren Cranach in Florenz [421] hinzu, so sind die

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