— 55 —
kehrte, berief der Bat einige Sachverständige zu einem
Gutachten, und diese erklärten die Gewölbe — offenbar
die des Chorumgangs und der Kapellen, an denen tat-
sächlich viel technisches Ungeschick sich verrät - - für
unwerklich und ungestalt. Deshalb setzte man nicht
nur Parlier und Meister, sondern auch dessen Sohn in
den Turm und entliess sie erst, nachdem Hans Niessen-
berger, der auf sein Alter und seine Gebrechlichkeit
hinwies, Urfehde geschworen hatte, nie wieder die Stadt
zu betreten und sich jeden Anspruchs an die Münster-
fabrik zu begeben. Wahrscheinlich hat der merkwürdige
Mann sein Leben bald darauf vollendet.
Der Ausbau des Hochchors dauerte noch bis 15111;
in diesem Jahre konnte der neue Meister sein Steinmetz-
zeichen an dem eben eingesetzten Schlussstein des reich-
verzweigten Netzgewölbes anbringen, das ohne die dieser
Zeit sonst eigene Virtuosität im Innenbild der Kirche
immerhin eine gute Gesamtwirkung macht. Am 4. De-
zember 1513 vollzog der Bischof von Konstanz die
feierliche Weihe.
Die Stärke dieser Zeit lag nicht mehr in der Bau- d>« Archi-
tektur dos
kunst. Man möchte sagen, die Aussenarchitektur des (1""'s-
Freiburger Chores illustrire den Bankerott der Gotik
als Kirchenbaukunst, da sie ausser den Umrissen jeder
gross gedachten, einfachen Linie entbehrt; was ihr an
monumentalem Aufbau abgeht, sucht sie durch Reichtum
und Mannigfaltigkeit im kleinen zu ersetzen: immer
neu variirtes Fischblasenmasswerk füllt die Fenster,
deren Scheitel nicht selten der originelleren Wirkung
halber zur Seite geneigt ist; die mageren, virtuos ge-
kehrte, berief der Bat einige Sachverständige zu einem
Gutachten, und diese erklärten die Gewölbe — offenbar
die des Chorumgangs und der Kapellen, an denen tat-
sächlich viel technisches Ungeschick sich verrät - - für
unwerklich und ungestalt. Deshalb setzte man nicht
nur Parlier und Meister, sondern auch dessen Sohn in
den Turm und entliess sie erst, nachdem Hans Niessen-
berger, der auf sein Alter und seine Gebrechlichkeit
hinwies, Urfehde geschworen hatte, nie wieder die Stadt
zu betreten und sich jeden Anspruchs an die Münster-
fabrik zu begeben. Wahrscheinlich hat der merkwürdige
Mann sein Leben bald darauf vollendet.
Der Ausbau des Hochchors dauerte noch bis 15111;
in diesem Jahre konnte der neue Meister sein Steinmetz-
zeichen an dem eben eingesetzten Schlussstein des reich-
verzweigten Netzgewölbes anbringen, das ohne die dieser
Zeit sonst eigene Virtuosität im Innenbild der Kirche
immerhin eine gute Gesamtwirkung macht. Am 4. De-
zember 1513 vollzog der Bischof von Konstanz die
feierliche Weihe.
Die Stärke dieser Zeit lag nicht mehr in der Bau- d>« Archi-
tektur dos
kunst. Man möchte sagen, die Aussenarchitektur des (1""'s-
Freiburger Chores illustrire den Bankerott der Gotik
als Kirchenbaukunst, da sie ausser den Umrissen jeder
gross gedachten, einfachen Linie entbehrt; was ihr an
monumentalem Aufbau abgeht, sucht sie durch Reichtum
und Mannigfaltigkeit im kleinen zu ersetzen: immer
neu variirtes Fischblasenmasswerk füllt die Fenster,
deren Scheitel nicht selten der originelleren Wirkung
halber zur Seite geneigt ist; die mageren, virtuos ge-