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Schapire, Rosa
Johann Ludwig Ernst Morgenstern: ein Beitrag zu Frankfurts Kunstgeschichte im XVIII. Jahrhundert — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 57: Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.66368#0071
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57

Das sind Fragen, auf die es keine definitive Antwort geben
kann, nur ist es einigermaßen bedenklich, aus negativen Gründen
— soweit Aehnlichkeit und Alter in Betracht kommen — die
Wahrscheinlichkeit zu konstruieren, daß es sich hier um ein
Goethe-Porträt handelt.
Es wird sich mit Morgensterns angeblichem Goethe-Bild
nicht anders verhalten als mit den übrigen der Frankfurter Maler.
Martin Schubart erkennt zwar in der stattlichen Dame auf
der 1873 aufgefundenen Landschaft von Chr. G. Schütz d. Ä.
Frau Rat Goethe108 äußert sich aber über das angebliche Bild
von Goethe etwas skeptischer:
«Selbst wenn das danebengestellte Knäblein den kleinen
Goethe hätte bedeuten sollen, so kann doch der Kleinheit wie
der Unbestimmtheit wegen von einem erkennbaren Kinderporträt
Wolfgangs nicht geredet werden. Dasselbe — fährt Schubart
fort — gilt auch von dem Seekatzischen Bilde ; denn auch auf
diesem, so unfraglich es das Porträt des etwa Zehnjährigen
bringt, sind die Gesichtszüge Wolfgang Goethes so unbestimmt
wiedergegeben, daß wir auch da kein wirklich deutliches Knaben-
porträt gewinnen können.»
Und wie verhält es sich denn mit dem angeblichen Goethe-
Bildnis, das Martin Schubart auf einem der Josephsbilder109
entdeckt hat und für das er bei aller Vorsicht so warm und
überzeugt eintritt? Es ist nur durch die Thoranc-Sartoux’sche
Familienüberlieferung als Goethe-Bild verbürgt. Der unbefangene
Beschauer wird im kleinen Joseph die Züge des jugendlichen
Goethe nicht erkennen.110
Es ist kein Wunder, daß immer wieder ein Bild des jungen
Goethe von einem der Frankfurter Maler auftaucht. Es erscheint
uns unbegreiflich, daß nicht der eine oder andere unter ihnen
aus eigenem Antriebe — nicht auf Bestellung wie Seekatz —
Goethes Züge im Bilde festgehalten hat, — und so wird der
Wunsch zum Vater des Gedankens.

108 Abgebildet bei Schubart, S. 136.
109 Joh. Georg Trautmann: Der Verkauf des Josephknaben an die
Midianiter. Abgeb. bei Schubart, S. 20.
110 Die erwähnten drei Bilder befinden sich im Besitze des Goethe-
hauses in Frankfurt.
 
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