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Scheffer-Boichorst, Paul [Hrsg.]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0072
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C2

IL Form.

Die mittelalterlichen Annalisten pflegen die Form, in welcher sie eine
Ueberlieferung vorfinden, unverändert zu lassen oder zu veikürzen, nicht zu
erweitern. So verfuhren denn auch unsere Autoren: der reichsten Form,
als der ursprünglichen, werden wir den Vorzug geben.1

Meist wörtlicher Abschreiber ist der kölner Annalist. Ihm zur Seite
steht der Sachse, — wofern er nicht durch die hildesheimer auf die pader-
borner Annalen zurückgeht. Denn wie dem Hildesheimer die Lust am
Schreiben früher, als den Andern versiegte, so hat er auch nicht immer
wörtlich abgeschrieben. Wenigstens hier und da verkürzte auch der Iburger.
Am Meisten that es der pöhlder Annalist und Gobelin. Aber jener verfuhr
nicht so gleichmässig wie. dieser: Gobelin verkürzte fast immer, der Pöhl-
der blieb an einzelnen Stellen wörtlicher Abschreiber.

Daraus ergibt sich: wo uns der kölner und, unabhängig von den
hildesheimer Annalen, auch der sächsische Annalist den Text bieten, kön-
nen wir so ziemlich sicher sein, die Urschrift wiederzugeben. In absteigen-
der Folge schwindet die Sicherheit bei den hildesheimer, iburger, pöhlder
Annalen und Gobelin. Diess ist das Verhältniss im Allgemeinen; im Ein-
zelnen ist der Wechsel so. mannichfach, dass selbst die kölner Annalen nur
wegen der Vergleichung, nicht zur Herstellung des Textos, ihren Werth
haben. 2

Wo eine Quelle für den Text selbst worthlos ist, wo sio uns durch die
Vergleichung nur den Gehalt eines Satzes sichert, da werde ich sie auch
nur vergloichungsweisc anführen. Und zwar kann sich eine Vergleichung
auf ganze Sätze beziehen, aber auch nur auf ein Satzglied. Wenn z. B.
mitten im Satze steht: s(cf. G)*, so will ich damit sagen, dass Gobelin bis zu
dem Punkte: B (cf. G.)<! wohl Dasselbe sagt, aber nicht in derselben Fassung.
Erst zu Ende des Satzes oder auch erst nach mehreren Sätzen verweise ich
auf die Quelle, welche das Ganze bietet.

Es kann aber auch sein, dass eine Quelle wohl den Text eines Satz-
theiles, aber nicht den Satz unverkürzt gibt. Hier habe ich nach dem Satz-

Padorborner verzeichnet wurde, in der Königschronik nicht findet, will Nichts be-
deuten. Olfenbar stand in den paderborner Annalen auch der Tod Erkenberts von
Korvey. Vgl. S. 32. Aber auch er fehlt in der Königschronik ü. s. w.

1) Natürlich kann dor Satz nicht unbedingt gelten. Um besser an eine
anderswoher entlohnto Nachricht anzuschliossen, hat der Sachse wohl einmal ein
Wort eingeschoben. Doch das Bedürfniss einer passenden Verbindung war es nicht
allein, was ihn zu einer Ergänzung bestimmte. Z. B. begann er aus alter Gewohn-
heit das Jahr mit einem rox oder imperator N. N.; fehlte in seiner Vorlage dor
Name, so ergänzte er ihn; man vergleiche den Anfang von 1116, wo er einen aus
Eckehard entlehnten Satz in solcher Weise bereichert; ebenso machte er es, wie
die Vergleichung der kölner und hildesheimer Annalen lehrt, zum Jahre 1183 u. s. w.
Dann ist bei ihm namentlich darauf zu achten, ob er den Text der paderborner
Annalen nicht z. B. durch oino Angabo seiner halborstädter, rosonfeldcr Quello be-
reichert habe.

2) Vgl. den Tod dos Grafen von Arnsberg zu 1124.
 
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